Von Carol Ryan

LONDON (Dow Jones)--Die jeweiligen Eigentümer von Purina-Tiernahrung und Lancome-Kosmetik waren schon immer ein seltsames Paar. Nun haben die beiden eine bezahlbare Lösung gefunden, um auf Abstand zu gehen. Eine komplette Trennung zwischen Nestle und dem Kosmetikriesen L'Oreal wäre wahrscheinlich teuer geworden.

Am Dienstagabend teilte der weltgrößte Lebensmittelkonzern mit, dass er seine Beteiligung an der in Paris ansässigen L'Oreal reduzieren und den Erlös in Höhe von rund 10 Milliarden US-Dollar zur Finanzierung eines neuen Aktienrückkaufprogramms verwenden wird. Dieses soll Anfang 2022 starten. Die zwei Sitze im Verwaltungsrat von L'Oreal wird Nestle behalten.

Das Schweizer Unternehmen muss nicht einen Teil der Erlöse an die Steuerbehörden abführen, weil das Geschäft als Aktienrückkauf strukturiert wurde. Dabei kauft L'Oreal die Aktien und zieht sie ein. Damit vermeidet Nestle eine potenziell hohe Rechnung für Kapitalerträge. Nestle zahlte 1974 nur 300 Millionen Schweizer Franken für die L'Oreal-Beteiligung. Die verbleibende 20-prozentige Beteiligung ist derzeit 47 Milliarden Euro wert.

Die L'Oreal-Beteiligung war bei einigen Nestle-Aktionären ohnehin unpopulär. Diese sahen keinen strategischen Grund, daran festzuhalten. Dennoch war sie lukrativ. In den vier Jahren, in denen der aktivistische Hedgefonds Third Point Nestle zur Veräußerung der Beteiligung gedrängt hat, hat sich ihr Wert verdoppelt. Selbst ohne Berücksichtigung der Dividendenzahlungen hat die L'Oreal-Beteiligung seit den 1970er Jahren eine jährliche Rendite von währungsbereinigt 14 Prozent erzielt.

Die L'Oreal-Aktie notiert in der Nähe ihres Rekordwerts. Und obwohl L'Oreal immer noch vom boomenden Beauty-Markt profitiert, ist es für Nestle ein guter Zeitpunkt, die Beteiligung zu reduzieren. Der Kosmetikkonzern verfügt über eines der fortschrittlichsten E-Commerce-Geschäfte im Wettbewerb. Der Umsatz lag in den drei Monaten bis September um 15 Prozent höher als im gleichen Zeitraum 2019 vor der Corona-Krise. Die Umsätze in China, dem mittlerweile zweitwichtigsten Markt nach den USA, stiegen um 43 Prozent.


   Fiskus könnte bei Komplettverkauf mehr fordern 

Nestle hat die Option, auch den Rest seiner Beteiligung zu verkaufen, wenn Akquisitionen finanziert werden sollen. Chief Executive Mark Schneider erklärte kürzlich gegenüber Investoren, dass er gerne mehr mittelgroße Deals tätigen möchte, so wie die Übernahme des Herstellers von Nahrungsergänzungsmitteln Bountiful Company im April. Seit er vor vier Jahren den Job übernahm, hat Schneider er mehr Marken verkauft als gekauft.

Allerdings könnte der Fiskus bei einer vollständigen Trennung einen größeren Anteil einfordern. Wenn L'Oreal die Aktien, die Nestle besitzt, zurückkauft und annulliert, erhöht sich automatisch der prozentuale Anteil der Gründerfamilie Bettencourt. Durch den Rückkauf haben die Mehrheitsaktionäre die Schwelle überschritten, ab der sie nach den französischen Vorschriften ein obligatorisches Übernahmeangebot machen müssen. Zwar haben die französischen Behörden dieses Mal noch eine Ausnahmegenehmigung erteilt, aber es gibt keine Garantie dafür, dass sie in Zukunft wieder so großzügig verfahren werden.

Würden die verbleibenden L'Oreal-Aktien von Nestle an einen Dritten verkauft, würden die Anleger möglicherweise keinen so hohen Gewinn nach Steuern erzielen. Für das Schweizer Unternehmen könnte das ein Grund sein, vorerst langsam zu machen.

Die beiden Unternehmen leben sich allmählich auseinander, aber von Scheidung kann noch keine Rede sein.

Kontakt zur Autorin: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/DJN/rer/uxd

(END) Dow Jones Newswires

December 09, 2021 03:33 ET (08:33 GMT)