Zürich (awp) - Der Lebensmittelkonzern Nestlé publiziert am Freitag, 24. April die Umsatzzahlen zum ersten Quartal 2020. Zum AWP-Konsens haben insgesamt sieben Analysten beigetragen.

Q1 2020E
(in Mrd Fr./%)             AWP-Konsens     Q1 2019A 

Umsatz                        21,0           22,2


(in %)                                     Q4 2019A

Organisches Wachstum           2,8            3,0   
Mengenwachstum (RIG)           2,2            2,5  

FOKUS: Da bei den ungeraden Quartalen keine Gewinnzahlen bekannt gegeben werden, liegt der Fokus ganz klar auf den Umsatzzahlen. Dabei steht das organische Wachstum (OG), das sich aus dem Mengenwachstum (RIG) sowie den Preisveränderungen zusammensetzt, im Vordergrund. Weniger von Interesse sind die Umsatzzahlen in Franken, die vor allem auch von Wechselkursverschiebungen bzw. Akquisitionen und Devestitionen beeinflusst werden.

Vor dem Hintergrund der Corona-Krise ist die Unsicherheit nicht nur beim Management, sondern auch bei Analysten sehr hoch. So liegen etwa die Schätzungen für das OG unüblich weit auseinander. Beim AWP-Konsens von 2,8 Prozent etwa geht die Bandbreite von +1,3 bis +4,1 Prozent, im von Nestlé selber zusammengestellten Konsens (3,0%) gar von +0,6 bis +8,6 Prozent. Auch die Bandbreite der Schätzungen für das Gesamtjahr 2020 ist sehr gross: sie reicht - bei einem Konsens von 2,9 Prozent - von +0,5 bis +5,2 Prozent.

Entsprechend erhoffen sich Analysten denn auch mehr Klarheit über den laufenden Geschäftsgang und die schon absehbaren Auswirkungen wegen Corona. Gemäss ZKB könnte das Wachstum von Hamsterkäufen im Detailhandelskanal der Industrieländer profitiert haben. Zudem sei auch das Schaltjahr in Form eines zusätzlichen Arbeitstages ein positiver Effekt. Negativ kompensiert werden dürften diese Effekte allerdings durch den Einbruch im Foodservice-Kanal (Restaurants, Hotels etc.).

Laut den Analysten von Helvea dürften kombiniert etwas mehr als 10 Prozent des Gesamtumsatzes von Corona betroffen sein. Neben dem Foodservice-Kanal wären das etwa auch Nespresso-Shops oder der Süsswarenbereich (Oster-Geschäft). Der Effekt im ersten Quartal dürfte sich dabei allerdings noch in Grenzen halten, die Auswirkungen dürften eher im zweiten (und evt. dritten) Quartal spürbar sein. Im Vergleich zu Schweizer Konkurrenten (Barry Callebaut, Lindt, Orior) sei Nestlé den negativen Effekten aber weniger stark ausgesetzt. Grundsätzlich sollte Nestlé jedenfalls in der Lage sein, ein positives Wachstum und eine Margenverbesserung zu erreichen - eine Visibilität, die es bei vielen Playern aus anderen Industrien nicht gebe.

ZIELE: Im Februar kündigte Nestlé an, dass das organische Wachstum für das Gesamtjahr 2020 etwas höher ausfallen sollte als im 2019 (3,5%). Das Management betonte damals allerdings, dass es noch zu früh sei, um die Corona-Effekte zu bewerten. Entsprechend gehen Analysten davon aus, dass die Guidance wegen der hohen Unsicherheiten nun angepasst oder ganz aufgehoben wird. Letzteres hat etwa der französische Konkurrent Danone diese Woche getan. Bei der bereinigten Marge dürfte das Ziel hingegen unverändert 17,5 bis 18,5 Prozent betragen - ein solcher Wert wurde 2019 (17,6%) bereits erreicht.

Das Management hatte mit dem im Februar bekannt gegebenen Wachstumsziel die Messlatte gegenüber früheren Ankündigungen bereits etwas heruntergeschraubt: Ursprünglich sollte bis 2020 nämlich ein mittleres einstelliges Wachstum (etwa 4 bis 6%) erreicht werden. Dieses Ziel wurde etwas nach hinten geschoben.

PRO MEMORIA:

M&A: In Sachen Firmenübernahmen und -verkäufen war es in den letzten Wochen relativ ruhig, was aber vor allem auch mit der Corona-Krise zu tun haben dürfte. Das Management hatte zuletzt nämlich immer wieder angetönt, dass es ähnlich weiter gehen werde wie in den letzten paar Jahren. Seit CEO Mark Schneider vor rund drei Jahre das Zepter übernommen hat, läuft der Firmenumbau hin zu profitablerem Geschäft auf Hochtouren. Nach grossen Verkäufen in den letzten Jahren will Nestlé laut dem CEO nun vermehrt auf Übernahmen setzen.

"Wenn ich für 2019 etwas bedauere, dann, dass unser Portfoliomanagement stärker auf Verkäufe statt auf Zukäufe ausgerichtet war", sagte er an der Bilanzmedienkonferenz im Februar. Das solle sich in diesem Jahr nun ändern. Die Pipeline für Übernahmen sei besser gefüllt als noch vor einem Jahr. "Wir wollen wachsen und nicht kleiner werden", so Schneider damals. Insgesamt wolle er den Konzern in den nächsten drei Jahren in einem ähnlichen Umfang über Akquisitionen und Devestitionen umbauen wie in den letzten drei Jahren. In dieser Periode beliefen sich die Transaktionen auf 12 Prozent des Umsatzes.

AKTIENRÜCKKAUF: Nestlé hat im Januar eines neues Aktienrückkauf-Programm über 20 Milliarden Franken gestartet, das über den Zeitraum von 2020 bis 2022 laufen soll. Per Mitte April waren Aktien für knapp 3 Milliarden Franken zurückgekauft, wobei im Durchschnitt 100,69 Franken bezahlt wurden. Während des Corona-Crashs wurde das tägliche Rückkaufvolumen deutlich erhöht. Das Programm dürfte bestätigt werden.

AKTIENKURS: Die Nestlé-Aktie hat in der Corona-Krise aufgrund ihres defensiven Charakters wenig überraschend deutlich weniger an Wert eingebüsst als etwa Zykliker oder Finanztitel. Beim aktuellen Stand von 106,16 Franken (Mittwoch 13 Uhr) notiert das Papier gar leicht höher als Ende 2019 (104,78). Im Jahreshoch (20.2.) erreichte das Papier einen Stand von 110,20 Franken, im Tief knapp einen Monat später waren es 83,37 Franken - entsprechend also ein Minus von 24 Prozent im Maximum.

Homepage: www.nestle.com

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