Vevey (awp) - Der weltgrösste Nahrungsmittel-Hersteller Nestlé veröffentlicht am Donnerstag, 22. Februar die Resultate zum Geschäftsjahr 2023. Insgesamt elf Analysten haben zum AWP-Konsens beigetragen.

2023E  
(in Mio Fr.)              AWP-Konsens      Bandbreite       2022A   Schätzungen

Umsatz                       93'342     92'474 - 94'037    94'424       11
EBIT adj.                    16'192     16'012 - 16'415    16'103       10
 - Marge (in %)                17,4       17,2 -   17,5      17,1       10 
Reingewinn                   12'152     10'962 - 12'959      9270        8

(in Fr.)
Dividende je Aktie             3,07       2,85 -   3,13      2,95        8

(in %)
Organ. Wachstum                 7,3        7,0 -    7,5       8,3        8
RIG                            -0,1       -0,3 -    0,1       0,1        7

Q4 2023E                                                 Q3 2023A 
Organ. Wachstum                 6,1        5,0 -    6,8       6,0        5

FOKUS: Analysten erwarten bei Nestlés Zahlenkranz für das Geschäftsjahr 2023 keine grossen Überraschungen, das Unternehmen dürfte innerhalb der angepeilten Spannweite abgeschnitten haben. Den Reingewinn dürfte Nestlé wahrscheinlich deutlich steigern, weil 2022 Sondereffekte auf das Ergebnis drückten. Laut Experten ist dem Konzern im vierten Quartal erstmals seit fünf Quartalen wieder ein Volumenwachstum gelungen. Bezogen auf das Gesamtjahr 2023 dürfte Nestlé gemäss AWP-Konsens allerdings noch kein Wachstum der Verkaufsvolumen geschafft haben.

Eine von Nestlés dezidierten Prioritäten für 2023 war die Verbesserung der Bruttomarge. Die Bruttomarge lag im Jahr 2022 bei 45,2 und damit 260 Basispunkte unter Vorjahr, was mit der starken und weit verbreiteten Inflation bei Rohstoff-, Verpackungs-, Fracht- und Energiekosten begründet wurde. Mit dem allmählich nachlassenden Inputkostendruck dürfte sie nun wieder höher sein. Finanzchef Roger jedenfalls versprach "eine wesentliche Verbesserung der Bruttomarge für die zweiten Hälfte des Jahres 2023". Die Verbesserung dieser Kennzahl ist für viele Beobachter einer der Schwerpunkte.

Nebst der Bruttomarge werden bei Nestlé jedoch auch Aussagen zum angelaufenen Jahr 2024 auf grosses Interesse stossen, speziell im Hinblick auf die Profitabilität. Beobachter rechnen damit, dass das Unternehmen im laufenden Jahr wieder etwa im gleichen Masse volumen- als auch preisgetrieben wachsen dürfte. Die weiteren Preissteigerungen werden mit anhaltend steigenden Kosten bei wichtigen Rohstoffen wie Kakao, Zucker oder auch für die Mitarbeitenden begründet.

ZIELE: Nestlé gab zuletzt an, für das Gesamtjahr ein Umsatzwachstum zwischen 7 und 8 Prozent anzupeilen. Die zugrunde liegende operative Ergebnismarge werde zwischen 17,0 und 17,5 Prozent liegen und der zugrunde liegende Gewinn pro Aktie dürfte zu konstanten Wechselkursen um 6 bis 10 Prozent ansteigen. Die Analysten, die sich mit Nestlé befassen, rechnen damit, dass das Unternehmen diese Ziele erreicht hat.

PRO MEMORIA: - Personalien: Bei Nestlé kommt es demnächst zu einem Wechsel im obersten Management: Finanzchef François-Xavier Roger verlässt das Unternehmen und wechselt per Anfang April in gleicher Funktion zum französischen Pharmakonzern Sanofi. Seine Nachfolge bei Nestlé übernimmt die bislang an der Londoner Börse als Finanzchefin amtierende Anna Manz. Wann genau sie dem Konzern zur Verfügung steht bzw. von ihren jetzigen Aufgaben entbunden wird, war bis zur Veröffentlichung der Neunmonatszahlen im Oktober noch nicht bekannt, spätestens soll sie ihren Posten jedoch Anfang Juni antreten. Mit ihr werden neu fünf von 16 Geschäftsleitungsposten weiblich besetzt sein.

- Verkäufe und Übernahmen: Nachdem Nestlé mit Palforzia im September einen regelrechten Klotz am Bein losgeworden war, blieb das Unternehmen auch im Schlussquartal 2023 und Anfang 2024 im M&A-Bereich aktiv. Unter anderem verkaufte der Konzern seine wegen einer E-Coli-Verunreinigung zuletzt skandalträchtige Buitoni-Fabrik in Frankreich an Italpizza. Zudem gab Nestlé seine Absicht bekannt, sich von einer Fabrik in Irland trennen und seine Babynahrungsmarken in Frankreich verkaufen zu wollen. Es gab aber auch Zukäufe: So erwarb etwa die Gesundheitssparte Nestlé Health Science einen biotherapeutischen Produktkandidaten des US-Herstellers Codexis, der für die Behandlung von Bauchspeicheldrüsenschwäche eingesetzt werden soll.

- Juristisches: Nestlés Anwälte hatten auch Ende 2023 erneut viel zu tun. Einen juristischen Erfolg gab es etwa kurz vor Jahresende für Nespresso. Die Nestlé-Tochter darf laut einem Bundesgerichtsurteil seine Vertuo-Kapseln weiterhin verkaufen. Eine deutsche Firma hatte zuvor Klage wegen Patentverletzung eingereicht.

Der Lebensmittelkonzern ist laut Meldungen von Anfang Jahr ins Visier der Staatsanwaltschaft in der französischen Stadt Épinal geraten. Nestlé wird vorgeworfen, für sein Mineralwasser unerlaubte Aufbereitungsmethoden wie Aktivkohlefilter oder Ultraviolettbestrahlung benutzt zu haben. Das Unternehmen erklärte, es habe die Behörden bereits 2021 über diese Praktiken informiert. Mit deren Anwendung habe es die Lebensmittelsicherheit gewährleisten wollen. Nestlé wandte auch in der Schweiz unerlaubte Reinigungsverfahren an. Damit ein Wasser die Bezeichnung "Mineralwasser" erhält, gelten jedoch strenge Vorschriften, so darf es etwa nicht mittels Aktivkohle oder UV-Licht desinfiziert werden.

Die Ukraine hat Nestlé wegen seiner anhaltenden Tätigkeit in Russland auf ihre Liste der "internationalen Kriegsunterstützer" gesetzt. Der Lebensmittelkonzern versorge die russische Bevölkerung nach wie vor mit Produkten und baue seine Produktion im Land sogar noch aus, erklärte die ukrainische Nationale Agentur für Korruptionsbekämpfung (NAZK) in einer Erklärung. Nestlé entgegnete, man habe "die überwiegende Mehrheit der Produktangebote", die vor dem Krieg verfügbar waren, "ausgesetzt" und "alle nicht wesentlichen Importe und Exporte von und nach Russland gestoppt".

- Aktienrückkauf: Im Rahmen des seit Anfang 2022 laufenden Aktienrückkaufprogramms will Nestlé insgesamt Aktien im Wert von 20 Milliarden Franken zurückkaufen. Per Mitte Februar belief sich das Rückkaufvolumen auf gut 16 Milliarden Franken. Die Papiere wurden im Schnitt zu einem Preis von 112 Franken zurückgekauft. Das Programm läuft planungsgemäss noch bis Ende 2024.

AKTIENKURS: Die Aktien von Nestlé haben im bisherigen Jahresverlauf (Stand: Dienstagvormittag) rund 1,8 Prozent hinzugewonnen, schneiden damit allerdings schlechter ab als der Gesamtmarkt, gemessen am SMI (+2,6%). Auch gegenüber Branchenkonkurrenten wie Danone (+5,5%) oder Unilever (+6,6%) glänzt die bisherige Jahresperformance von Nestlé nicht. Gerade in den letzten Tagen haben sich die Papiere des weltgrössten Lebensmittelkonzerns allerdings wieder deutlich vom Absacker Anfang Februar erholt und befinden sich inzwischen wieder auf dem Weg in Richtung 100-Franken-Marke. Diese Marke hatten die Papiere vergangenen Herbst erstmals nach vielen Jahren unterschritten und seither nie mehr nachhaltig überwinden können.

Homepage: www.nestle.com

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