Vevey (awp) - Nestlé spürt den Inflationsdruck an allen Ecken und Enden: Die Kosten für Transport, Verpackungen und Rohstoffe haben in den letzten Monaten deutlich zugenommen. Um die Konsumenten nicht zu stark zu belasten, gibt Nestlé die Preise aber nicht vollständig weiter.

Einen Grossteil dieser Inputkosteninflation kann Nestlé zwar auf seine Kunden abwälzen. Aber dabei muss das Unternehmen vorsichtig vorgehen, um die Konsumenten nicht zu vergraulen oder ihnen den Kauf von Lebensmitteln zu verunmöglichen. "Besonders in Schwellenländern hat man als Lebensmittelproduzent eine hohe Verantwortung", sagte CEO Mark Schneider am Donnerstag an einer Telefonkonferenz mit Journalisten.

Nestlé hat die Preise im ersten Halbjahr um 6,5 Prozent hochgeschraubt. "Das ist etwas weniger stark als manche Konkurrenten", erklärte Schneider. Man sehe am Margenrückgang, dass Nestlé auch bereit sei, selber einen Rückschlag einzustecken, wenn es darum gehe, die Auswirkungen der Inflation auf Lebensmittel als wichtiges Konsumgut abzufedern.

Der Konsumgüter-Hersteller und Nestlé-Konkurrent Unilever etwa hat die Preise im ersten Halbjahr sogar um 9,8 Prozent angehoben. Dafür sind die Verkäufe um 1,6 Prozent zurückgegangen.

Letzteres war bei Nestlé jedenfalls nicht der Fall: Konsumentinnen und Konsumenten haben im ersten Halbjahr nämlich auch mehr Produkte gekauft. Das sogenannte interne Realwachstum, die Kennzahl für die Verkaufsmenge, betrug 1,7 Prozent. "Wir sind sehr zufrieden, dass bei uns auch das Verkaufsvolumen positiv war", sagte Schneider.

Kunden kaufen auch bei höheren Preisen

Doch wie lange kaufen die Konsumenten noch, wenn die Preise immer weiter steigen? - Das sei natürlich "die" Frage im inflationären Umfeld, meinte der CEO. "Bislang gibt es allerdings kaum Hinweise darauf, dass die Konsumenten weniger Geld ausgeben." Wenn, dann sei das nur bei wenigen Produktkategorien und in wenigen Ländern der Fall. "Und auch dann nur moderat", sagte Schneider.

Das heisse aber nicht, dass es im zweiten Halbjahr nicht doch zu einem Rückgang der Konsumentenausgaben kommen wird. "Wir müssen das auf jeden Fall in der zweiten Jahreshälfte beobachten", erklärte der CEO.

Grundsätzlich zeige sich in der aktuellen Lage das gleiche Konsumentenverhalten, das man schon in anderen wirtschaftlich schwierigen Zeiten gesehen habe, vor allem in der Finanzkrise 2008. "Die einen kaufen weniger, die anderen mehr. Wie bereits früher profitieren dabei die günstigen und die teuren Produkte, während die Mitte unter Druck gerät", sagte Schneider.

Temporärer Margendruck

Doch nicht nur mit höheren Preisen kämpft Nestlé gegen die steigenden Inputkosten an. "Jeden Franken, den wir nicht für das Produkt oder die Verwaltung des Unternehmens ausgeben, müssen wir nicht in Form von Preisen weitergeben", sagte er. Nestlé habe darum hart gearbeitet, um die betriebliche Effizienz zu steigern. Beispielsweise senkte der Konzern auch seine Marketingkosten im ersten Halbjahr.

Wegen der gestiegenen Kosten hat das Unternehmen nun für das Gesamtjahr seine EBIT-Margenerwartungen aber doch etwas gesenkt. Neu rechnet Nestlé mit einer Marge von rund 17 Prozent, zuvor war noch eine Betriebsgewinnmarge von 17 bis 17,5 Prozent erwartet worden.

Nestlé gelang von Januar bis Juni ein organisches Wachstum von 8,1 Prozent und erzielte damit einen Umsatz von 45,6 Milliarden Franken. Der operative Gewinn stieg derweil um 6 Prozent auf 7,7 Milliarden. Unter dem Strich blieb allerdings ein um 12 Prozent tieferer Halbjahresgewinn von 5,2 Milliarden Franken. Hierbei sind unter anderem Wertberichtigungen von über 740 Millionen Franken ins Gewicht gefallen, aber auch höhere Restrukturierungskosten.

tv/uh