Unilever übertrifft Nestlé – mit Vorbehalten
Unilever konnte seinen Umsatz um 2,3% auf 31,12 Milliarden Euro steigern und übertraf damit die Analystenerwartungen von 30,99 Milliarden Euro. Die organische Umsatzwachstumsrate lag jedoch mit 4,1% leicht unter den prognostizierten 4,4%. Der Nettogewinn stieg um 4,3% auf 3,7 Milliarden Euro, getragen von einer Verbesserung der Verkaufsvolumina und einer gemäßigten Preissteigerung. Besonders positiv wurde die über den Erwartungen liegende operative Marge von 19,6% aufgenommen, gegenüber einer Prognose von 17,6%. Außerdem wurde die geplante Abspaltung der Eiscreme-Division für 2025 als positive Strategie zur Vereinfachung und Fokussierung der Unternehmensaktivitäten gewertet.
Doch Analyst Bruno Monteyne von Bernstein SG mahnt zur Vorsicht: Ähnlich wie bei Nestlé sei der Druck durch Werbeaktionen und Rabatte bei einer begrenzten Preiserhöhung von 1% spürbar. "Angesichts der Inflationsrate in den Ländern, in denen Unilever tätig ist, bedeutet eine Preiserhöhung von 1% tatsächlich einen erheblichen realen Preisrückgang", hebt der Experte hervor. Anleger erwarten von starken Marken normalerweise, dass sie ihre Preise mindestens im Einklang mit der Inflation erhöhen. Und somit ihre erhebliche Preismacht ("Pricing Power") nutzen. In diesen entscheidenden Maßnahmen sehen wir noch keine Verbesserung", schließt Monteyne und hinterfragt, wie Unilever unter diesen Umständen die Margenerwartungen übertreffen konnte ("könnte dies mit den materiellen Abstrichen bei den Nachhaltigkeitszielen zusammenhängen?", fragt er sich).
In den letzten drei Jahren hat sich Unilever an der Börse besser entwickelt als Nestlé.
Nestlé kämpft mit Herausforderungen
Der Umsatz von Nestlé fiel im Halbjahr auf 45 Milliarden Schweizer Franken, verglichen mit 46,29 Milliarden im Vorjahr. Das organische Umsatzwachstum lag bei 2,1%, was unter den erwarteten 2,5% liegt. Der Nettogewinn blieb mit 5,64 Milliarden Schweizer Franken stabil, jedoch wurden die Wachstumsaussichten für das Jahr von 4% auf "mindestens 3%" nach unten korrigiert. "Wir bezweifeln, dass die Ergebnisse des ersten Halbjahres 2024 die dringend benötigte frische Brise liefern, um den Aktienkurs anzukurbeln. Nestlé hat das versprochene Volumenwachstum erreicht und die Margenerweiterung sieht gut aus, aber die erhoffte Beschleunigung im zweiten Halbjahr scheint nun zurückhaltender", fasst Andreas von Arx von Baader Helvea zusammen.
David Hayes von Jefferies weist darauf hin, dass alle Augen auf das tatsächliche innere Wachstum gerichtet waren, welches die Erwartungen übertraf. Das Problem sei jedoch, dass diese Zahl durch Vorabkäufe in den USA vor den Werbeaktionen im Juli begünstigt wurde, eine Strategie, welche die Leistung im zweiten Quartal stärkte, aber einen Rückgang im zweiten Halbjahr erwarten lässt. "Die Anzeichen für Preissenkungen und erhöhte Betriebsausgaben werden auch Bedenken hinsichtlich der Nachhaltigkeit der Gewinne und generell der Markenstärke in diesem neuen Umfeld aufwerfen", ergänzt Hayes und stimmt damit seinem Kollegen Monteyne bezüglich Unilever zu.
Die Situation erscheint also komplexer, als es die aktuellen Aktienkursbewegungen vermuten lassen. Unilever profitiert auch von Fortschritten bei der Abspaltung seiner Eiscreme-Division und Restrukturierungsankündigungen in Europa, die 800 Millionen Euro an Einsparungen bringen sollen. Anleger schätzen solche Ankündigungen. Bislang hat Nestlé keine vergleichbaren Maßnahmen vorgelegt, um seine Wachstumsherausforderungen zu kompensieren.