NEW YORK (dpa-AFX) - Der zunehmende Wettbewerb im Streaming-Geschäft hat den jüngsten Höhenflug der Aktien von Netflix erst einmal gestoppt. Die Papiere sackten am Mittwoch um 6,5 Prozent auf rund 491 US-Dollar ab und waren damit das Schlusslicht im technologielastigen Nasdaq 100.

Nach dem coronabedingten Abo-Boom im ersten Halbjahr ließ der Kundenandrang bei dem Online-Videodienst nun stark nach. Netflix verfehlte die eigene Prognose und blieb weit unter den Erwartungen der Analysten.

Allerdings wollten viele Analysten das abgeschwächte Kundenwachstum nicht überbewerten. Der Experte Heath Terry von der US-Investmentbank Goldman Sachs etwa räumte ein, dass er klar unterschätzt habe, wie schnell die jüngst in der Corona-Krise gewonnenen Kunden des Online-Videodienstes wieder abgewandert seien.

Dass Netflix sich zuletzt schwer tat, dürfte Experten zufolge auch am verschärften Konkurrenzkampf gelegen haben. Neben etablierten Rivalen wie Hulu oder Amazon setzt nun auch der Hollywood-Riese Walt Disney voll auf Streaming. Zudem kamen mit Warner Medias HBO Max und Comcasts Peacock zuletzt weitere neue Streaming-Services hinzu, die mit Netflix um Zuschauer buhlen.

Allerdings zeigte sich Goldman-Sachs-Analyst Terry weiterhin überzeugt, dass unter anderem dank massiver Investitionen ins Programm die Finanzkennziffern von Netflix insgesamt die Markterwartungen in Zukunft deutlich übertreffen dürften. Der Co-Vorstandschef von Netflix, Ted Sarandos, jedenfalls versicherte, dass die Produktionspipeline für 2021 annähernd intakt sei: "Die Produktionen könnten etwas langsamer vorangehen, als wir geplant hatten, aber im Wesentlichen sind wir zurück im Geschäft." So hätten etwa die Produktionen der neuen Staffeln von Serienhits wie "Stranger Things" oder "The Witcher" schon wieder gestartet werden können.

Analyst Douglas Mitchelson von der schweizerischen Bank Credit Suisse schrieb vor diesem Hintergrund, langfristige Aktionäre dürften beruhigt sein, denn die Basistrends im Geschäft erschienen nach wie vor stark. Mit Blick auf das maue Wachstum im abgelaufenen Jahresviertel verwies der Experte derweil auch auf die herausfordernden Vergleichswerte aus dem entsprechenden Vorjahresquartal.

Der Experte Alex Giaimo vom Analysehaus Jefferies blickte ebenfalls positiv in die Zukunft und resümierte: "Die Pipeline an Inhalten ist gut, die Abopreise könnten steigen und beim freien Mittelzufluss zeichnet sich eine bessere Entwicklung ab."

Der Kursrutsch an diesem Mittwoch erscheint mit Blick auf die gute Entwicklung der Netflix-Aktien in den letzten Monaten verkraftbar. Seit Jahresbeginn gerechnet steht bei den Papieren ein Plus von fast 52 Prozent zu Buche, während der Nasdaq 100 in diesem Zeitraum rund 34 Prozent gewonnen hat. Schon der Corona-Crash im März hatte die Anteilscheine lediglich auf das Niveau von November letzten Jahres zurückgeworfen und war dann dank einer zügigen Erholung schnell wieder Geschichte.

Aus charttechnischer Sicht wurden zwar mit dem Rückschlag zur Wochenmitte wichtige Barrieren wie die 21- und die 90-Tage-Durchschnittslinien gerissen, die den kurz - beziehungsweise mittelfristigen Trend beschreiben. Allerdings notieren die Papiere seit der raschen Erholung im März wieder komfortabel über der 200-Tage-Linie als Maßstab für die langfristige Entwicklung./la/jsl/he