Emma Stewart, Ph.D.

Netflix Sustainability Officer

Daniel Schien, Ph.D.

Associate Professor of Computer Science an der University of Bristol

Soziale Auswirkung

10. Juni 2021
Weltweit

Welchen Einfluss hat Videostreaming wirklich auf unser Klima? In einigen Studien wurde bereits dieser Frage nachgegangen, doch eine genaue Beantwortung erwies sich als schwierig. Was sich hinter den Kulissen abspielt, damit eine Folge von Shadow and Bone - Legenden der Grisha auf dem Bildschirm erscheint, erfordert verschiedenste Technologien, die sich zudem ständig weiterentwickeln. Von den Datenzentren, die die Daten beherbergen, über die Infrastruktur, die die heimische Internetverbindung ermöglicht, bis hin zur Elektrizität, die vom Endgerät zur Wiedergabe benötigt wird, sind zahlreiche Komponenten zu berücksichtigen. Die Messung der Streaming-bedingten Emissionen erforderte daher viel Rätselraten, was zu Studien mit ungenauen Schätzungen und Mythen führte - bis jetzt.

Forscher der University of Bristol haben ein Jahrzehnt mit der Entwicklung eines Tools verbracht, das den CO₂-Fußabdruck von Streaming und anderen alltäglichen Internetaktivitäten (z. B. das Lesen von Nachrichten) berechnet. Die Berechnung stützt sich auf die neuesten wissenschaftlichen Protokolle zur Messung von Emissionen (d. h. Ökobilanzen) und auf direkte Daten der Unterhaltungs- und Medienunternehmen, die selbst auf die Streaming-Bereitstellung angewiesen sind, im Vergleich zu den generischen Schätzungen bisheriger Studien.

Diese Forschung ist Gegenstand eines neuen unabhängigen White Papers, das heute von Nachhaltigkeitsforschern des Carbon Trust veröffentlicht wurde. Das vollständige White Paper (hier) bietet einen umfassenden Einblick in die Materie, wobei sich letztendlich vier wesentliche Erkenntnisse ergaben:

  1. Der durchschnittliche CO₂-Fußabdruck einer Stunde Streaming in Europa beträgt etwa 55 gCO₂e (Gramm CO₂-Äquivalente). Das entspricht in etwa der Zubereitung von vier Tüten Popcorn in der Mikrowelle oder dem dreimaligen Aufkochen eines elektrischen Wasserkochers.* Frühere Vermutungen, die in den Medien kursierten, hatten diesen Wert mit bis zu 3200 gCO₂e beziffert, was der Zubereitung von 200 Tüten Popcorn in der Mikrowelle gleichkommen würde. Mit anderen Worten: ein ziemlicher Unterschied!

  2. Die Anpassung der Bildauflösung bewirkt dabei nur einen sehr geringen Unterschied bei den Emissionen. Der Wechsel von Standardauflösung zu 4K-Auflösung sorgt lediglich für einen Anstieg von knapp unter 1 gCO₂e/Stunde bis knapp über 1 gCO₂e/Stunde. Warum? Das Internet ist 'immer an', daher ist die zusätzliche Energie, die für die Übertragung einer höheren Auflösung an den Fernseher benötigt wird, im Vergleich zur Energie für den ständigen Betrieb des Internets kaum relevant. Frühere Studien überschätzten diese Zunahme um bis zu 500 gCO₂e/Stunde.

  3. Während Streaming und Internetnutzung in den letzten Jahren zugenommen haben, hat sich der Energieverbrauch, der mit diesen Aktivitäten einhergeht, im Laufe der Zeit als rückläufig erwiesen. Das liegt daran, dass die Betreiber von Datenzentren, Internet- und Versorgungsunternehmen mehr Nachfrage bewältigen können, ohne dafür mehr Energie zu verbrauchen. Die Einrichtungen dieser Betreiber werden ständig auf den neuesten Stand gebracht, um eine bessere Energieeffizienz zu erreichen, und es wird mehr Elektrizität aus erneuerbaren Quellen gekauft und verwendet. In diesem White Paper werden die bisherigen Entwicklungstendenzen betrachtet, um dies eingehend aufzuschlüsseln.

  4. Verbrauchergeräte (Fernseher, Laptops/PCs, Smartphones, Tablets) machen mehr als die Hälfte der CO₂-Emissionen beim Streaming aus (über 50 %) - verglichen mit anderen Komponenten wie Datenzentren oder Internetdiensten. Daher kann das zum Streaming genutzte Endgerät und die Nutzung von erneuerbarem Strom zu Hause einen großen Einfluss auf Emissionen und Energieverbrauch haben. Geräte, einschließlich Fernsehgeräte, werden im Laufe der Zeit immer energieeffizienter.

Netflix und andere Unternehmen haben dieses Berechnungstool im Rahmen von DIMPACT verwendet, einem Gemeinschaftsprojekt, in dem Unterhaltungs- und Medienunternehmen mit Forschern der University of Bristol zusammenkommen. Netflix hat vor Kurzem seine eigenen Daten durch das Tool laufen lassen und dabei festgestellt, dass die Emissionen einer Stunde Streaming weltweit deutlich unter 100 gCO₂e liegen - weniger als die Nutzung eines benzinbetriebenen Fahrzeugs für eine Strecke von 400 Metern. Diese Zahl beinhaltet CO₂-intensivere Stromnetze aus Regionen wie den USA und Kanada, Lateinamerika und dem asiatisch-pazifischen Raum. Das Ergebnis ist damit also etwas höher als die Angaben des Carbon Trust, die spezifisch für Europa sind, wo das Stromnetz weniger CO₂-intensiv ist.*

Die Validierung des Tools durch die Forschung des Carbon Trust bringt uns einen Schritt näher zur genauen und einheitlichen Bewertung der Klima-Auswirkungen von Streaming - sei es von Datenzentren, Internet-Providern, Geräteherstellern oder Unterhaltungs- und Medienunternehmen, die auf Streaming setzen. Ein besseres Verständnis dieses Fußabdrucks bedeutet, dass wir uns besser darauf konzentrieren können, diese Emissionen branchenübergreifend, länderübergreifend und weltweit zu reduzieren.

*Diese Vergleiche variieren von Land zu Land, je nach CO₂-Intensität des nationalen Stromnetzes. *Diese Vergleiche variieren von Land zu Land. *Diese Bewertung berücksichtigt derzeit nur die Auswirkungen des Stromverbrauchs während der Nutzung. Andere Phasen, die Forscher im Rahmen der Lebenszyklusanalyse weiter untersuchen wollen, sind die Herstellungs- und End-of-Life-Phasen von Geräten.

Emma Stewart, Ph.D., fungiert seit Oktober 2020 als erste Nachhaltigkeitsbeauftragte (Sustainability Officer) von Netflix. Sie promovierte an der Stanford University und erwarb einen B.A. mit Auszeichnung an der Oxford University. Vor ihrer Tätigkeit bei Netflix arbeitete sie als Direktorin beim World Resources Institute, leitete die Abteilung für Nachhaltigkeitslösungen beim Design-Softwarehersteller Autodesk, wo sie das weltweit erste wissenschaftlich fundierte Klimaziel für Unternehmen mitverfasste, und gründete die Forschungs- und Entwicklungsabteilung von BSR (Business for Social Responsibility). Sie hat an mehreren Büchern mitgewirkt und lehrte 'Intrapreneurship for Sustainability' an der UC Berkeley und Stanford University.

Daniel Schien, Ph.D., ist Senior Lecturer und Associate Professor im Fachbereich Informatik an der University of Bristol in Großbritannien. Seine Forschung hat ein besseres Verständnis der Umweltauswirkungen von Informations- und Kommunikationstechnologien sowie deren Reduzierung zum Ziel. Gemeinsam mit seinem Team hat Dr. Schien Pionierarbeit bei der Entwicklung neuer Methoden und Hilfsmittel zur Bewertung des CO₂-Fußabdrucks digitaler Medien geleistet, die bereits seit über einem Jahrzehnt bei großen internationalen Medienunternehmen zum Einsatz kommen.

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Netflix Inc. published this content on 10 June 2021 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 15 June 2021 15:37:02 UTC.