- von Alexander Hübner

Die Eigentümerfamilie des chinesischen Grammer-Partners Ningbo Jifeng legte am Dienstag ein Übernahmeangebot für das Unternehmen aus Amberg in der Oberpfalz vor, wie beide Seiten mitteilten. Der Hersteller von Innenraum-Ausstattung wie Mittelkonsolen, Armlehnen, Kopfstützen und von Lkw-Sitzen wird dabei mit 772 Millionen Euro bewertet, Schulden nicht inbegriffen. Grammer hatte den kleineren Zulieferer Jifeng vor gut einem Jahr an Bord geholt, um eine Machtübernahme durch den unerwünschten Großaktionärs Hastor zu verhindern. Jifeng hält 25,5 Prozent an Grammer und will die Beteiligung nun auf mindestens 50 Prozent aufstocken.

Der Aufsichtsrat habe dem Vertrag einstimmig zugestimmt, sagte ein Grammer-Sprecher. Hinter Ningbo Jifeng steht die Familie Wang, die das Unternehmen aus der Stadt Ningbo südlich von Shanghai vor 22 Jahren gegründet hatte. Sie sicherte den 13.000 Grammer-Mitarbeitern zu, nach der Übernahme nicht auf eine Reduzierung der Beschäftigtenzahl zu drängen. Zwei Insider sagten der Nachrichtenagentur Reuters, die Arbeitsplatzgarantie gelte für siebeneinhalb Jahre. Auf einen Beherrschungsvertrag, für den man eine Mehrheit von 75 Prozent bräuchte, habe es die Familie nicht abgesehen. "Grammer bleibt eine deutsche Firma", zitierte das "Handelsblatt" den Junior-Chef von Ningbo Jifeng, Jimin Wang.

Die Grammer-Aktionäre setzen darauf, dass die Übernahme zustande kommt. Die Wangs bieten 60 Euro je Aktie. Zusätzlich sollen die Anteilseigner noch die Dividende für 2017 von 1,25 Euro bekommen. Die im Kleinwerteindex SDax notierte Grammer-Aktie schoss um 19 Prozent auf 61,20 Euro nach oben blieb damit aber unter dem Wert des Übernahmeangebots.

Für alle Papiere, die ihnen noch nicht gehören, müssten die Wangs 563 Millionen Euro zahlen. Jifeng habe von Anfang an auf einen größeren Anteil an Grammer spekuliert, sagte einer der Insider. Erst jetzt habe die Familie aber die Finanzierung unter Dach und Fach gebracht. Einschließlich der Schulden, die Grammer schon hat und der 233 Millionen Euro, die die geplante Übernahme des US-Kunststoff-Spezialisten Toledo Molding & Die kostet, müssten sie mehr als eine Milliarde Euro stemmen. Ein Teil davon komme von der Familie selbst, daneben stünden auch chinesische Finanzinvestoren parat, hieß es in der Mitteilung.

STEIGEN DIE HASTORS AUS?

Die Chinesen hoffen, dass der zweite Grammer-Großaktionär, die Eigentümer des Autozulieferers Prevent, ihr Angebot annimmt und aussteigt. "Für sie wäre es eine Gelegenheit, das eingesetzte Kapital in etwa zu verdoppeln", sagte Jimin Wang der Zeitung. Die bosnischstämmigen Hastors hatten 2016 eine Beteiligung von 19 Prozent aufgebaut, waren aber mit dem Versuch gescheitert, Vorstandschef Hartmut Müller zu stürzen. Prevent liegt mit Volkswagen und anderen deutschen Autobauern im Clinch. Grammer zufolge zögerten mehrere Hersteller nach dem Einstieg der Hastors mit Aufträgen.

Die Autozulieferbranche gehört neben dem Maschinenbau zu den Branchen, die chinesische Firmen in Deutschland vorzugsweise ins Visier nehmen. Vor allem über die milliardenschwere Übernahme des Roboter-Herstellers Kuka war kontrovers diskutiert worden. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bei ihrem Besuch in China kürzlich auf gleiche Rechte für deutsche Unternehmen bei Übernahmen in China gepocht. Bisher sind sie dort meist auf Gemeinschaftsprojekte mit chinesischen Partnern angewiesen.

Den Einstieg von Jifeng bei Grammer hat die Bundesregierung bereits durchgewinkt, so dass die Chinesen auch bei einer Übernahme keine Hürden erwarten. Ningbo Jifeng sei ein reines Familienunternehmen und wolle nur zwei der zwölf Aufsichtsräte stellen. "Der chinesische Staat hat keinen Einfluss", betonte Jimin Wang.