Zusammen könnten die Konzerne mit Marken wie Fiat, Jeep, Chrysler, Alfa Romeo, Maserati, Peugeot, Opel oder Vauxhall die Herausforderungen der Ära klimafreundlicher Mobilität meistern, erklärten der italienisch-amerikanische Hersteller Fiat Chrysler Automobiles (FCA) und sein französischer Rivale Peugeot SA (PSA) am Donnerstag. PSA-Boss Carlos Tavares, der den neuen Konzern führen soll, sagte diesem eine "strahlende Zukunft" voraus. FCA-Chef Mike Manley erklärte, die Autobauer kooperierten schon lange erfolgreich. "Ich bin überzeugt, dass wir zusammen mit unseren großartigen Beschäftigten ein Mobilitätsunternehmen von Weltklasse schaffen können."

Doch Arbeitnehmer an verschiedenen Standorten treibt nun die Angst vor Stellenstreichungen um. Gewerkschaften in Italien äußerten sich besorgt angesichts der schlecht ausgelasteten Fiat-Werke. Die britische Gewerkschaft Unite drang auf Gespräche über die mit dem Brexit schon unsichere Zukunft der Werke von Vauxhall. In Deutschland pocht die IG Metall auf die Eigenständigkeit von Opel und auf den bis Mitte 2023 geltenden Kündigungsschutz. Bezirksleiter Jörg Köhlinger erklärte, Spekulationen über mögliche negative Folgen für die Opel-Standorte seien kontraproduktiv und schädlich. Die Gewerkschaft fordert schon länger mehr Investitionen in neue Produkte, um die Marke mit dem Blitz zu stärken. Es sei ein Alarmzeichen, dass im Zuge der Übernahme durch PSA mittlerweile 6000 Beschäftigte und damit viel mehr als geplant freiwillig Opel verlassen hätten, sagte ein IG-Metall-Sprecher.

Auch Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire erklärte, die Regierung werde bei der Fusion ein besonderes Augenmerk auf Arbeitsplätze haben. Im Grundsatz begrüßte er aber das Vorhaben - so werde Frankreich neben Renault einen weiteren Global Player in der Autobranche haben. Durch den Zusammenschluss entstünde der weltweit viertgrößte Autobauer nach Volkswagen, Toyota und Renault-Nissan mit einem Absatz von 8,7 Millionen Fahrzeugen und 170 Milliarden Euro Umsatz im Jahr. FCA verkaufte 2018 mehr Autos als PSA, der französische Konzern hat mehr Beschäftigte.

"RETTUNG FÜR FIAT CHRYSLER"

FCA, vor fünf Jahren erst durch die Übernahme des amerikanischen Herstellers Chrysler entstanden, ist schon länger auf Partnersuche. Der Druck dazu erhöhte sich wegen der weltweit schärferen Klimaschutzvorschriften. Um diese zu erfüllen, müssen die Autobauer auf Elektroautos umstellen und die allmählich auslaufenden Verbrennungsmotoren sauberer machen. Hier kann FCA von der Technik der Franzosen profitieren, die auf diesem Feld schon weiter sind und auch Opel beim Umschwung zur Elektromobilität anschieben. Einsparungen sind umso dringender, da die Autokonjunktur wegen des Handelskonflikts zwischen USA und China sowie dem Brexit seit letztem Jahr auf Talfahrt ist.

Für Fiat Chrysler sei das die Rettung, erklärte Jürgen Pieper, Autoexperte vom Bankhaus Metzler. "Das Unternehmen ist doch technologisch sehr stark zurückgefallen und hätte alleine enorme Schwierigkeiten, bei E-Mobilität und anderen Zukunftsthemen mit den anderen mitzuhalten." Zusammen könnten die Autobauer zur ersten Liga aufschließen.

Die Aufsichtsgremien beider Unternehmen strebten einen Konzern an, der jeweils zur Hälfte den Anteilseignern von FCA und PSA gehört, teilten die Unternehmen weiter mit. Neben Tavares als operativem Chef soll John Elkann (43), Ururenkel des Fiat-Gründers Gianni Agnelli, als Verwaltungsratschef den Autoriesen leiten. Eine erste formelle Vereinbarung zur Fusion soll in den kommenden Wochen erarbeitet werden. Bei FCA hat die Holding der Gründerfamilie Agnelli als Großaktionär das Sagen, bei den Franzosen sind mit jeweils gut zwölf Prozent die Familie Peugeot, der französische Staat und über den Fahrzeughersteller Dongfeng auch China die größten Anteilseigner.

INSIDER: TAVARES TREIBENDE KRAFT

PSA und FCA waren schon im Frühjahr im Gespräch, doch Elkann versuchte zunächst erfolglos einen Zusammenschluss mit Frankreichs Nummer eins Renault. Tavares sei jetzt die treibende Kraft gewesen, sagten mit den Vorgängen Vertraute. Der 61-Jährige Portugiese paukte in den vergangenen zwei Jahren die Integration der lange verlustreichen Marke Opel durch. Der strenge Kostenmanager will die Marke mit dem Blitz auf Rendite trimmen, so wie ihm das schon bei Peugeot und Citroen gelang. Zu den Sparprogrammen von Tavares gehörte aber auch ein Jobabbau.

Durch gemeinsame Forschung, Entwicklung und Einkauf wollen sich die Unternehmen die hohen Kosten für neue Technologien wie Elektroautos und autonomes Fahren teilen. Die Fusion soll über mehrere Jahre Kosteneinsparungen von etwa 3,7 Milliarden Euro bringen. Das soll vor allem durch Größenvorteile im Einkauf und mehr Effizienz durch einheitliche Fahrzeug-Plattformen erreicht werden. "Die Synergieschätzung beruht nicht auf Werksschließungen", hieß es dazu. Einmalig müssten aber 2,8 Milliarden Euro für Einsparungen ausgegeben werden.

Dem Verwaltungsrat sollen elf Mitglieder angehören, sechs von PSA und fünf von FCA. Die Gesellschaft soll ihren Sitz in den Niederlanden haben und an den Börsen in Paris, Mailand und New York notiert sein. FCA würde seinen Aktionären eine Sonderdividende von 5,5 Milliarden Euro zahlen und seine mit 250 Millionen Euro bewertete Beteiligung an der Robotik-Tochter Comau an die eigenen Anteilseigner verteilen. Vorgesehen sei ferner, dass PSA seine 46-prozentige Beteiligung am Zulieferer Faurecia im Wert von rund drei Milliarden Euro ausgliedern werde. Abzuwarten bleibt, wie die US-Regierung zu einem Konzern steht, in dem chinesische Anteilseigner über einen amerikanischen Hersteller mitzureden hätten.