BOULOGNE-BILLANCOURT (dpa-AFX) - Der französische Autobauer Renault will seinen Umbau forcieren und mit einer Trennung der Elektro- und Verbrennergeschäfte auf lange Sicht rund doppelt so profitabel arbeiten. Die Elektroautosparte soll zwar mehrheitlich im Eigentum des Konzerns bleiben, aber auch an die Börse gebracht werden, um Geld einzuspielen. Nach Jahren mit teils existenziellen Problemen und Staatshilfe in der Corona-Krise will das Unternehmen ab dem kommenden Jahr auch wieder eine Dividende ausschütten. Die Aktie konnte das Gesamtpaket aber nicht beflügeln - fehlten den Anlegern doch langersehnte strategische Details rund um die Allianz mit Nissan.

Die operative Gewinnmarge - ein Maß für die Gewinnkraft des Unternehmens - will Renault-Chef Luca de Meo bis 2030 auf über 10 Prozent steigern, wie das Unternehmen am Dienstag in Boulogne-Billancourt bei Paris mitteilte. Für dieses Jahr sind gut 5 Prozent eingeplant. 2025 soll die Marge bei mehr als 8 Prozent liegen.

Die Renault-Aktie verlor zwischenzeitlich deutlich fast 5 Prozent an Wert, erholte sich aber bis zum Mittag etwas und lag noch mit 1,9 Prozent im Minus bei 31,05 Euro. Zu den Gesprächen mit dem eng verflochtenen japanischen Partner Nissan zu einem Umbau der langjährigen Allianz gab es keine neuen Details. Dabei erhoffen sich Investoren, dass Renault mit einem möglichen Verkauf von Nissan-Anteilen viel Geld für den Konzernumbau reinholen könnte. Zuletzt wurde immer wieder spekuliert, die Franzosen könnten nach allerhand Streit in den vergangenen Jahren ihren Anteil an Nissan von aktuell 43 Prozent auf 15 Prozent senken - so viel hält Nissan umgekehrt auch an Renault.

Viel der neuen Strategie sei in den Wochen zuvor schon in den Medien bekannt geworden, schrieb Analyst Tom Narayan von der kanadischen Bank RBC. Die Finanzziele schienen dem Experten aber weit ambitionierter als von ihm erwartet. Den Nissan-Anteil möglicherweise zu versilbern, sei zuletzt ein wichtiges Thema für die Investoren und den Aktienkurs gewesen. Noch im Juli hatte der Aktienkurs im Tief um die 22,50 Euro gelegen und damit kaum mehr als nach dem Absturz im Februar und März infolge der Invasion Russlands in die Ukraine. Dann hatte auch die Fantasie rund um einen Geldsegen die Aktie in Investorenaugen wieder attraktiver gemacht.

Dabei spielte nicht nur die Aussicht auf den Verkauf von Nissan-Anteilen eine Rolle: Laut jüngsten Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg will Renault für die Elektrosparte beim Börsengang eine Bewertung von rund 10 Milliarden Euro einheimsen - mehr als die ganze Gruppe derzeit an der Börse wert ist.

Nun legte Chef de Meo seinen Plan für die kommenden Jahre vor: Unter anderem will die Gruppe das Geschäft in fünf eigenständige Teile spalten - die Elektroauto- und Softwaresparte soll "Ampere" heißen und frühestens im zweiten Halbjahr 2023 an die Pariser Börse gehen. Eine Verselbstständigung des Wachstumsgeschäfts stand bereits im Raum. Bei der Herstellung von Verbrenner- und Hybridantrieben wollen sich die Franzosen laut einer Rahmenvereinbarung in einem Gemeinschaftsunternehmen mit dem chinesischen Autobauer Geely zusammentun.

Die Renault-Aktionäre sollen künftig auch wieder eine Dividende erhalten. Im kommenden Jahr will der Konzern für das noch laufende Geschäftsjahr die Anteilseigner wieder beteiligen. Die Ausschüttungsquote soll nach und nach mittelfristig auf bis zu 35 Prozent des auf die Aktionäre entfallenden Nettogewinns zulegen. Die Arbeitnehmer sollen zudem verstärkt zu Aktionären des Unternehmens werden.

Neben der Elektro- und Softwaresparte sowie der Antriebstechnologie plant Renault weitere Einheiten mit eigener Steuerung und eigenen Bilanzen: Eine Finanzdienstleistungs- und Mobilitätsdienstesparte, die Luxussportwagenmarke Alpine sowie eine auf Kreislaufwirtschaft ausgerichtete Firma. Am für die Börsennotierung vorgesehenen Elektrogeschäft "Ampere" will Renault den Angaben zufolge eine "starke Mehrheit" behalten, aber gewichtige Investoren wie den US-Chipriesen Qualcomm mit ins Boot holen./men/mne/mis