HAMBURG (dpa-AFX) - Höhere Kosten und unterbrochene Lieferketten stimmen den Windkraftanlagen-Hersteller Nordex pessimistischer für das laufende Jahr. Die höheren Verkaufspreise aus neuen Kundenverträgen dürften sich erst mit zeitlicher Verspätung positiv auswirken, teilte das im SDax gelistete Unternehmen am Montagabend in Hamburg mit. Entsprechend werde der operative Verlust in diesem Jahr voraussichtlich vier Prozent des Umsatzes erreichen. Bisher hatte das Management auch ein operatives Ergebnis an der Nulllinie für möglich gehalten. Hoffnung macht hingegen die Auftragslage. Am Finanzmarkt kamen die Nachrichten am Dienstag aber zunächst schlecht an.

Im vorbörslichen Handel auf der Plattform Tradegate verlor die Nordex-Aktie im Vergleich zum Xetra-Schlusskurs vom Vorabend mehr als fünf Prozent an Wert. Seit dem Jahreswechsel hatte das Papier schon zuvor rund ein Fünftel an Wert eingebüßt. Analysten zeigten sich von den jüngsten Quartalszahlen und der gesenkten Prognose enttäuscht.

Das Unternehmen begründete die verschlechterten Aussichten mit dem "inflationären Preisumfeld" und Folgekosten aus der Verzögerung von Projekten. Ähnlich wie bei Unternehmen aus anderen Branchen erschweren Unterbrechungen der Lieferketten dem Windkraftanlagen-Hersteller die Arbeit.

Dabei hatte Nordex' Geschäft im dritten Quartal nach einem schwächeren ersten Halbjahr wieder angezogen. In den Monaten Juli bis September erzielte das Unternehmen den Angaben zufolge einen Umsatz von rund 1,7 Milliarden Euro - deutlich mehr als die knapp 1,3 Milliarden ein Jahr zuvor. Damit lag der Erlös der ersten neun Monate mit 3,9 Milliarden Euro nur noch gut zwei Prozent unter dem Vorjahresniveau.

Allerdings machten sich die gestiegenen Kosten und die Unterbrechungen bei den Lieferketten beim Ergebnis bereits deutlich bemerkbar. So stand für die ersten drei Quartale ein operativer Verlust von 200 Millionen Euro zu Buche. Im Vorjahreszeitraum hatte Nordex noch einen operativen Gewinn von 101 Millionen Euro erzielt. Die operative Marge (Ebitda) lag bei minus 5,2 Prozent und fiel damit noch schlechter aus als für das Gesamtjahr prognostiziert.

Unter dem Strich geriet Nordex noch tiefer in die roten Zahlen. Nach neun Monaten stand hier ein Verlust von knapp 372 Millionen Euro - nach einem Fehlbetrag von knapp 104 Millionen im Vorjahreszeitraum.

Angesichts neuer Aufträge zu besseren Konditionen für Nordex sieht Unternehmenschef José Luis Blanco aber Grund zur Zuversicht. "In einem herausforderndem Marktumfeld gelang es uns bei den neuen Aufträgen höhere Verkaufspreise zu erzielen, die die massiven extern verursachten Kostensteigerungen mittelfristig kompensieren und unsere Profitabilität erhöhen werden."

Im laufenden Jahr soll der Umsatz weiterhin 5,2 bis 5,7 Milliarden Euro erreichen. Die operative Marge soll "mittelfristig" weiterhin auf acht Prozent steigen.

Dabei baut der Manager auch auf den Erfolg des neuen Turbinentyps N175/6.X, der über einen größeren Rotor verfügt und bei geringeren Windgeschwindigkeiten mehr Strom erzeugen können soll. "Wir sind von den weltweit mittelfristig vielversprechenden Aussichten für unsere Industrie weiterhin überzeugt."

In den ersten drei Quartalen holte Nordex Aufträge für neue Projekte im Umfang von 4,4 Gigawattstunden herein. Das waren zwar weniger als die 4,6 Gigawattstunden im Vorjahreszeitraum, doch der Wert der Bestellungen wuchs im Jahresvergleich von 3,2 auf 3,6 Milliarden Euro.

Im dritten Quartal sei der durchschnittliche Verkaufspreis je Megawatt Leistung um fast ein Drittel auf 0,91 Millionen Euro gestiegen. 69 Prozent der neuen Aufträge entfielen auf Europa, 26 Prozent auf Lateinamerika und 5 Prozent auf Nordamerika. Ende September verfügte Nordex einschließlich Servicedienstleistungen über einen Auftragsbestand von knapp 9,7 Milliarden Euro. Ein Jahr zuvor hatten hier nur rund 8 Milliarden in den Büchern gestanden./stw/mne/stk