Eine Auswahl an Kommentaren aus Tageszeitungen zu wichtigen Themen des Tages.

DIE GRÜNEN

Frankfurter Rundschau: "Die Grünen haben einen Sound gefunden, der nach Veränderung klingt, ohne Furcht vor zu viel Verlust an Vertrautem zu wecken. Dass diese Neuinszenierung Annalena Baerbock und Robert Habeck zu verdanken ist, liegt auf der Hand. Was aber hinter Tönen und Personen zu verschwinden droht, wie meistens bei Wahlprogrammen, ist der Inhalt. Aber hinter dem sanften Sound steckt doch das Bekenntnis zu einigen Reformen, die das Land unter der Kanzlerschaft Angela Merkels zum eigenen Schaden unterlassen hat: beim Klimaschutz sowieso, aber auch in der Steuer-, Sozial- oder Gesundheitspolitik, um nur einige zu nennen. Bei allen Unterschieden finden sich die meisten Entsprechungen dazu in den Programmangeboten von SPD und Linkspartei. Aber ein Bekenntnis zu Grün-Rot-Rot bleibt aus."

Kölner Stadt-Anzeiger: "Die Reform der Schuldenbremse, mit der das Schuldenmachen für Investitionen erleichtert werden soll, ist die Kernidee der Grünen. Aber sie bedarf einer Grundgesetzänderung und damit großer Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat. Das macht ein schwarz-grünes Bündnis wahrscheinlicher, denn die Union wird bei diesem Thema am schwierigsten mit ins Boot zu holen sein. Und als Oppositionspartei wäre ihr Widerstand wohl kaum zu überwinden. Man schiele mit dem Programm nicht auf spezielle Bündnispartner, sagt Parteichef Habeck. Mit der eher moderateren Erhöhung des CO2-Preises, die Klimaschützer prompt geißeln, und mit dem Drumherumschreiben um bewaffnete Drohnen, die die Union so gerne hätte, sind an zentralen Konfliktstellen die Hürden gesenkt."

Welt: "In der Finanzpolitik wird deutlich, dass weniger die von Zeitgeistlichen herbeigeschwärmte schwarz-grüne Koalition angesteuert wird, sondern eine grün-rot-rote Liebesheirat, die den egalitären Sehnsüchten der Grünen endlich Raum gibt. Mit dem Abschied von der Schuldenbremse über den Mietendeckel bis hin zur Abschaffung von Hartz IV sind alle Bückpunkte vor der Linkspartei erfüllt - schon vor der ersten Sondierung. Geld wird mit vollen Händen ausgegeben, Sparen fällt aus, obwohl das im Sinne des Club of Rome und der schwäbischen Hausfrau am nachhaltigsten wäre. Da SPD und Linke in Sachen Klima längst Kopiermaschinen grüner Ideen sind, kann Baerbock ohne größere Friktionen schnell ins Kanzleramt hineinkoaliert werden."

Tagesspiegel: "Natürlich steht der Kampf gegen den Klimawandel im Zentrum der Überlegungen der Ökopartei. Man stehe vor einer 'sozial-ökologischen Transformation', heißt es in dem Entwurf, den die Basis noch absegnen muss. Doch wo sich früher Fahrverbote, Forderungen nach absurd teurem Benzin und einem Veggie-Day reihten, versucht es die Partei mit neuen Tönen. 'Wir begreifen es als unsere Aufgabe, bessere Regeln zu schaffen, nicht den besseren Menschen.' Klimaschutz ist nicht mehr Privatsache, sondern Gesellschaftsaufgabe. Dafür wollen die Grünen viel Geld in die Hand nehmen. 50 Milliarden Investitionen zusätzlich - pro Jahr. Für Forschung, Verkehrsinfrastruktur, die karbonfreie Wirtschaft, Gebäudesanierung, Sozialausgaben und den Breitbandausbau. Auch Transformationsfonds für besonders schädliche Branchen, wie die Automobil- und Stahlindustrie, will die Partei."

NORD STREAM 2

Süddeutsche Zeitung: "Wenn von einem schlechten Deal die Rede ist und davon, dass Nord Stream 2 auf keinen Fall fertig gebaut werden darf, denken viele Deutsche automatisch an Donald Trump. Dabei war dem früheren US-Präsidenten diese Pipeline herzlich egal. Er hat sie nur kritisiert, weil ihm jede Gelegenheit zur Attacke auf Deutschland recht war. Bei seinem Nachfolger Joe Biden ist es genau umgekehrt. Er möchte gute Beziehungen zu Deutschland und nimmt die durch die Ostsee führende Gasröhre dennoch ins Visier. Spätestens seit einem scharfen Statement seines Außenministers Antony Blinken kann sich die Bundesregierung darüber keine Illusionen mehr machen. (...) Die Pipeline gefährdet folglich den Neuanfang mit den USA, der außenpolitisch zu den wenigen Lichtblicken dieser Tage gehört.

CHINA/USA

Neue Osnabrücker Zeitung: "Sollte es noch eines Beweises bedurft haben, dass Washington und Peking einander als massive Konkurrenten im Kampf um die Gestaltungsmacht internationaler Spielregeln sehen, hier ist er: Vor Kameras läuft das Treffen der US-amerikanischen und chinesischen Spitzendiplomaten in Alaska aus dem Ruder. Einst mühsam aufgebautes Vertrauen weicht dem Gefühl gegenseitiger Bedrohung. Wer sich aber hinter Prinzipien verschanzt, verhärtet die Fronten und verengt die Spielräume für Pragmatismus. Der Systemwettbewerb wird brutaler, Kollateralschäden nicht ausgeschlossen. In eine konfrontativere China-Politik wollen die USA unter Biden die europäischen Verbündeten wieder stärker eingebunden wissen. Das führt diese direkt ins Dilemma, tatkräftig an der Seite der vermeintlich schwächelnden, aber freiheitlichen USA stehen zu wollen, ohne es sich mit dem aufstrebenden, aber autoritären China zu verderben."

MASKENSKANDAL

Augsburger Allgemeine: "Söder steckt in einer heiklen Lage. Er ist mit Wucht auf größtmögliche Distanz zu seinen alten Parteifreunden Georg Nüßlein und Alfred Sauter gegangen, gegen die wegen des Verdachts der Bestechlichkeit ermittelt wird. Das ist der Versuch eines Befreiungsschlags, der dem Beispiel seines Vorgängers Horst Seehofer in der Verwandtenaffäre folgt. Damals wurde der Chef der CSU-Landtagsfraktion, Georg Schmid, vom Hof gejagt. Dass so eine Aktion in der jetzigen Situation ausreichen wird, um die Partei reinzuwaschen, ist allerdings fraglich. Söder wird mehr tun müssen. Er wird beweisen müssen, dass es die CSU mit ihren moralischen Ansprüchen ernst meint. Das kann er nur, wenn er für eine klare Trennung von Geschäft und politischem Mandat sorgt."

FLÜCHTINGSDEAL EU/TÜRKEI

Junge Welt: "Mit dem EU-Türkei-Deal hatte sich Ankara gegen milliardenschwere Zuwendungen aus Brüssel verpflichtet, Millionen von syrischen Flüchtlingen im eigenen Land zu versorgen, deren Weiterreise in die EU zu unterbinden sowie 'illegale' Flüchtlinge von den griechischen Inseln zurückzunehmen. Aus Sicht der wesentlich am Zustandekommen des Paktes beteiligten Bundesregierung handelt es sich um eine Erfolgsgeschichte. Denn das Ziel einer Eindämmung der Fluchtmigration nach Europa wurde erreicht - auf Kosten der Schutzsuchenden, die in der Türkei gestrandet sind, in menschenunwürdigen Elendslagern auf den griechischen Inseln festsitzen oder Opfer von illegalen Pushbacks an den EU-Außengrenzen wurden."

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March 19, 2021 15:28 ET (19:28 GMT)