Wien (Reuters) - Für den Wiener Öl- und Gaskonzern OMV macht sich der Schwenk in Richtung Chemie bezahlt.

Nach den Corona-bedingt herben Einbußen konnten die Gewinne zum Jahresauftakt auch dank eines höheren Ölpreises stärker zulegen als gedacht. Fast die Hälfte des operativen Ergebnisses (CCS Ebit) von 870 (Vorjahr: 699) Millionen Euro stammt vom neuen Geschäftsbereich "Chemicals & Materials", wie aus dem am Donnerstag veröffentlichten Zahlen hervorgeht. "Dies zeigt deutlich, dass die künftige Ausrichtung der Gruppe auf Chemikalien nicht nur gut für die Bevölkerung und den Planeten ist, sondern auch ein außergewöhnlich profitables Geschäftsmodell darstellt", sagte Konzernchef Rainer Seele. Unter dem Strich kletterte der Gewinn (CCS Überschuss) um 34 Prozent auf 424 Millionen Euro.

Börsianer reagierten erfreut. OMV-Papiere stiegen im Einklang mit einem starken Sektor 1,9 Prozent auf 42,78 Euro.

Für den weiteren Geschäftsverlauf gab sich der Manager zuversichtlich, obwohl das wirtschaftliche Umfeld im ersten Halbjahr herausfordernd bleiben dürfte. "Ich gehe davon aus, dass sich unser Geschäftsumfeld weiterhin gut entwickeln wird, wobei ich die zweite Jahreshälfte weit positiver sehe", sagte Seele. Einen konkreten Ausblick wagte er nicht. Der seit Mitte 2015 amtierende OMV-Chef kündigte kürzlich an, seinen Ende Juni 2022 auslaufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen. Der 60-Jährige will sich aus familiären Gründen zurückziehen. Druck habe es keinen gegeben. "Die Entscheidung ist rein privat", sagte er. Seele war zuletzt wegen angeblicher Bespitzelung von Umweltaktivisten in den Fokus geraten.

Einen kräftigen Gewinnschub brachte die Übernahme des Mehrheitsanteils an dem Kunststoffhersteller Borealis im vergangenen Jahr für über vier Milliarden Euro. Der Konzern ist damit gemessen am Umsatz um etwa ein Drittel gewachsen. Die Berichtsstruktur wurde nun mit dem ersten Quartal angepasst. Die bisherige Downstream-Sparte wurde in die Bereiche Raffinerie und Chemie aufgeteilt und der frühere Borealis-Chef Alfred Stern in den OMV-Vorstand geholt. Nach Borealis - die bisher größte Akquisition eines österreichischen Unternehmens - verfolgt die OMV im laufenden Jahr keine Zukäufe, sagte Seele. Der Fokus liege auf der Integration des übernommenen Geschäfts - so wird etwa das Headquarter des Kunststoffherstellers in die OMV-Zentrale verlegt - sowie auf dem zweiten Teil des Devestment-Programms.

Nachdem sich die OMV vom Pipelinebetreiber Gas Connect sowie von ihrem deutschen Tankstellen trennte, steht nun der Verkauf des Düngemittelgeschäftes von Borealis sowie der slowenischen Tankstellen am Programm. Bei beiden Deals mache die OMV "gute Fortschritte". Für die Tankstellen habe man die ersten unverbindlichen Angebote, sagte Seele. Als nächster Schritt werde der Datenraum geöffnet. Darüber hinaus kündigte der OMV-Chef für die zweite Jahreshälfte ein drittes Devestment-Programm an. Details gibt es noch nicht dazu.

HÖHERER ÖLPREIS UND VOLLBETRIEB IN LIBYEN

Im ersten Quartal haben ein höherer Ölpreis sowie eine gestiegene Produktion in Libyen das zuletzt schwer gebeutelte Upstream-Geschäft, die Suche und Förderung von Öl- und Gas, angekurbelt. Der Geschäftsbereich "Exploration & Produktion" konnte den operativen Gewinn vor Sondereffekten auf 361 (137) Millionen Euro mehr als verdoppeln. Die Gesamtproduktion stieg um fünf Prozent auf 495.000 Barrel pro Tag. Zudem erholten sich die Rohstoffpreise: Der durchschnittliche Brent-Preis stieg auf 61,12 Dollar je Barrel nach 50,10 Dollar im Vorjahreszeitraum und erreichte damit etwa das Vorkrisenniveau.

Auch die Branchenriesen wie BP, Shell oder Total sind auf Erholungskurs. Dank der gestiegenen Ölpreise und stärkeren Ergebnissen im Erdgashandel legten sie kräftig zu. Die Beschleunigung der Corona-Impfprogramme wirke sich positiv auf die Nachfrage aus, hieß es. Profitiert haben sie auch von ihrem radikalen Schwenk in Richtung erneuerbare Energien. Die Ölmultis schlagen damit als Alternative zum Öl einen anderen Weg ein als die OMV, die auf Chemie setzt.

Im Raffinerie-Geschäft lief es für die OMV hingegen nicht so rund. Das CCS Ebit schrumpfte um 71 Prozent auf 108 Millionen Euro, da die Corona-Maßnahmen die Raffineriemargen sowie die Nachfrage nach Treibstoffen belasteten, erklärte der Konzern.