Nachrichten und Einschätzungen zum russischen Aufmarsch und den Konflikt um die Ukraine:


Medwedew warnt Europäer vor steigenden Gaspreisen wegen Nord-Stream-2-Stopps 

Russlands Ex-Präsident Dmitri Medwedew hat die Europäer wegen des Stopps der deutsch-russischen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 vor einem Anstieg der Gaspreise gewarnt. "Der deutscher Kanzler Olaf Scholz hat gefordert, die Zertifizierung von Nord Stream 2 auszusetzen", erklärte der heutige stellvertretende Vorsitzende des russischen Nationalen Sicherheitsrates auf Twitter. "Na dann, willkommen in einer neuen Welt, in der die Europäer bald 2.000 Euro für 1.000 Kubikmeter Gas bezahlen werden." Medwedew machte keine genaueren Angaben dazu, ob er sich auf einen potenziellen Gaspreis beim Import oder für den Endverbraucher bezog. In jedem Fall läge ein Wert von 2 Euro pro Kubikmeter aber deutlich über aktuellen Preisen.


Kubicki fordert "harte und schmerzhafte Konsequenzen" 

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki hat eine entschiedene Reaktion von Deutschland und der EU auf Russlands Aggression gegen die Ostukraine gefordert. "Selbstverständlich muss der russische Einmarsch in die Ukraine harte und schmerzhafte Konsequenzen haben", sagte der stellvertretende FDP-Chef der Neuen Osnabrücker Zeitung. Kubicki sprach sich ausdrücklich auch für Wirtschaftssanktionen aus. Der von der Bundesregierung verkündete Stopp der Zertifizierung der Gaspipeline Nord Stream 2 sei "richtig und notwendig". Der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai nannte die Entwicklungen "zutiefst besorgniserregend" und forderte, die "Naivität gegenüber Russland muss ein Ende haben". Es gehe jetzt nicht ausschließlich um die Ukraine, sondern auch um die Zukunft des gesamten europäischen Kontinents.


Erdogan kritisiert Anerkennung von Separatisten-Gebieten durch Moskau als "inakzeptabel" 

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die Anerkennung der ostukrainischen Separatisten-Gebiete durch Russland als "inakzeptabel" bezeichnet. "Wir halten die Entscheidung für inakzeptabel", sagte Erdogan während einer Reise im Senegal laut der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Er forderte Moskau auf, das Völkerrecht einzuhalten. "Wir fordern die betroffenen Parteien auf, mit gesundem Menschenverstand zu handeln und das internationale Recht einzuhalten", sagte er. Erdogan hatte mehrfach seine Vermittlung in dem Konflikt angeboten. Das Nato-Mitglied Türkei gilt als ein Verbündeter der Ukraine. Die russische Annexion der Krim im Jahr 2014 lehnte Erdogan wegen der historischen Präsenz ethnisch-türkischer Tataren auf der Halbinsel entschieden ab.


DIW: Genehmigungsstopp von Nord Stream 2 ist richtig 

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat den Stopp der Zertifizierung von Nord Stream 2 als richtigen Schritt begrüßt. "Nord Stream 2 ist energiewirtschaftlich unnötig, umweltpolitisch schädlich und betriebswirtschaftlich unrentabel", erklärte DIW-Energieexpertin Claudia Kemfert. "Wir können Gas aus ausreichend anderen Quellen beziehen, dafür wird diese Pipeline nicht benötigt." Man solle auf eine Diversifizierung der Gasbezüge setzen und könne auch auf Flüssiggas ausweichen. Die Frage sei, ob es zu einem generellen Lieferstopp für russisches Gas komme. "Auch dies könnten wir überbrücken, zumindest für einen gewissen Zeitraum." Sollte weniger Gas geliefert werden, könne Deutschland dies ausgleichen. Sollten alle fossilen Energie-Bezüge gestoppt werden, würde eine Kompensation aber erheblicher Anstrengungen bedürfen.


Großbritannien verhängt Sanktionen gegen Oligarchen und Banken 

Großbritannien hat nach der Eskalation im Ukraine-Konflikt Sanktionen gegen fünf russische Banken und drei Oligarchen angekündigt. Bei den "sehr vermögenden Einzelpersonen" handele es sich um die Milliardäre Gennadi Timtschenko sowie Boris Rotenberg und dessen Neffen Igor Rotenberg, erklärte Premierminister Boris Johnson im britischen Parlament. Weitere Sanktionen könnten im Fall einer zunehmenden Eskalation folgen, warnte der Regierungschef.


Moskau: "Im Moment" keine Entsendung von Truppen in die Ostukraine geplant 

Russland plant nach Angaben des Außenministeriums in Moskau "im Moment" keine Entsendung von Soldaten in die Ostukraine. "Im Moment bereitet man sich nicht darauf vor, irgendjemanden irgendwohin zu entsenden", sagte der stellvertretende Außenminister Andrej Rudenko; doch werde dies im Fall einer "Bedrohung" geschehen. Präsident Wladimir Putin hatte die Separatistengebiete im Osten der Ukraine als unabhängig anerkannt und die Entsendung von Soldaten dorthin angekündigt.


Umwelthilfe: Stopp von Nord Stream 2 richtig für Europa und Klima 

Die Deutschen Umwelthilfe hält den Stopp von Nord Stream 2 auch aus Umweltgründen für die richtige Entscheidung. Zuvor hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erklärt, dass die Bundesregierung das Zertifizierungsverfahren für die Ostsee-Gaspipeline wegen der russischen Ukraine-Politik aussetzt. "Das gesamte Projekt muss nun auf den Prüfstand: Dazu gehört die Wirkung der Pipeline auf die Energiesicherheit Europas, aber auch auf die Klimaziele. Nord Stream 2 ist das größte fossile Projekt Europas, das transportierte fossile Gas steht für 100 Millionen Tonnen CO2 im Jahr", erklärte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Angesichts der Klimakrise sei klar, dass man aus der Nutzung von fossilem Gas so schnell wie möglich aussteigen müsse. Dafür müsse Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nun so schnell wie möglich einen Fahrplan vorlegen.


Deutschland stoppt Nord Stream 2 und warnt Russland vor Besetzung 

Deutschland hat aufgrund des russischen Vorgehens in der Ostukraine die umstrittene Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 vorerst stoppen, erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Scholz warf dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vor, mit der Anerkennung von zwei ostukrainischen Separatistengebieten einen "schwerwiegenden Bruch des Völkerrechts" vorgenommen zu haben. Dies werde eine robuste und massive Reaktion der internationalen Staatengemeinschaft zur Folge haben, so Scholz. In einer ersten Reaktion stoppte Scholz den Zertifizierungsprozess für die Inbetriebnahme der fertiggestellten Pipeline, die Gas direkt von Russland über die Ostsee nach Deutschland bringen soll. Gleichzeitig warnte Scholz Russland davor, die Ukraine zu besetzen.


Putin: Russisches Großreich ist nicht das Ziel 

Russlands Präsident Wladimir Putin hat Vermutungen zurückgewiesen, er strebe mit seinem aggressiven Vorgehen im Osten der Ukraine die Wiederherstellung eines russischen Großreichs an. "Wir haben Spekulationen vernommen, dass Russland sich anschicke, wieder ein Imperium zu errichten", sagte Putin bei einem Treffen mit dem aserbaidschanischen Staatschef Ilham Alijew in Moskau. "Das entspricht in keiner Weise der Realität." Putin hatte am Montagabend die eigenständige Staatlichkeit der Ukraine in Zweifel gezogen und die Anerkennung der separatistischen Gebiete Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine verkündet.


Ost-Ausschuss warnt vor negativen wirtschaftlichen Folgen 

Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft hat die Anerkennung der ostukrainischen Separatistengebiete durch die russische Regierung scharf kritisiert und vor negativen Folgen für die Wirtschaft gewarnt. Das russische Vorgehen drohe das stabile Fundament der breiten deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen "nachhaltig zu erschüttern", warnte der Ost-Ausschuss-Vorsitzenden Oliver Hermes. "Es bedroht zudem die gesamte Weltwirtschaft. Schon jetzt zeichnen sich die weltweiten wirtschaftlichen Konsequenzen einer weiteren Eskalation in steigenden Energiepreisen und fallenden Währungs- und Börsenkursen ab. Im Zeitalter der Globalisierung gibt es keine regional begrenzten Konflikte mehr." Der Ost-Ausschuss fordert die Bundesregierung und die Europäischen Staaten zu einer besonnen Reaktion auf. "Deeskalation bleibt das Gebot der Stunde", so Hermes.


Selenskyj erwägt Abbruch der Beziehungen mit Russland 

Nach der Anerkennung der ostukrainischen Separatisten-Gebiete Luhansk und Donezk durch Kremlchef Wladimir Putin erwägt der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj einen Abbruch der Beziehungen zu Russland. Er habe ein entsprechendes Ersuchen seines Außenministeriums erhalten und werde dieses nun "prüfen", sagte Selenskyj in Kiew. Kurz darauf berief das ukrainische Außenministerium seinen Geschäftsträger in Moskau zu Konsultationen nach Kiew zurück. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow warnte, ein Abbruch der bilateralen Beziehungen würde die Lage nur weiter verschärfen. "Das ist ein Szenario, das äußerst bedauerlich wäre, das alles nur noch schlimmer machen würde, nicht nur für die Staaten, sondern auch für die Bevölkerung", sagte Peskow in Moskau.


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February 22, 2022 09:31 ET (14:31 GMT)