LONDON (dpa-AFX) - Die Sorge von Investoren vor einem milliardenschweren Vergleich im Zusammenhang mit den Zantac-Klagen in den USA halten Analysten zunehmend für überzogen. Nach der Citigroup in der Vorwoche nahmen nun auch die Experten der britischen Bank Barclays etwas Druck aus dem Kessel. Das Expertenteam um Iain Simpson rechnet mit einem Vergleich in Höhe von weniger als zehn Milliarden Dollar - also nur rund ein Fünftel dessen, was die Aktienkurse der betroffenen Konzerne in den vergangenen Wochen an Wert eingebüßt hätten, wie es in einer am Dienstag vorliegenden Studie hieß. Auch die Zahl der Kläger werde voraussichtlich niedriger ausfallen als befürchtet und bei 100 000 oder sogar deutlich weniger liegen.

Komplette Entwarnung bedeutet das aber nicht, denn Simpson rechnet damit, dass bis zu einer möglichen Einigung im kommenden Jahr die Firmen an der Börse weiter unter Druck stehen dürften. Vor diesem Hintergrund bestätigte der Analyst sein jeweils neutrales Votum für die Pharmakonzerne GSK und Haleon aus Großbritannien, die französische Sanofi und den US-Hersteller Pfizer.

Das Medikament Zantac mit dem Wirkstoff Ranitidin wird mit den potenziell krebserregenden Nitrosodimethylaminen (NDMA) in Verbindung gebracht. Im Frühjahr 2020 verbot die US-Behörde FDA sämtliche rezeptfreien und verschreibungspflichtigen Ranitidin-Produkte wegen inakzeptabler NDMA-Werte, wenig später folgten auch die europäischen Behörden. Nun steht das Medikament im Mittelpunkt zahlreicher Rechsstreitigkeiten in den USA.

Davon sind zahlreiche Unternehmen betroffen, denn das ursprünglich von GSK entwickelte und erstmals in den 80er-Jahren auf den Markt gebrachte Medikament, von dem es später verschreibungspflichtige und rezeptfreie Varianten gab, wechselte mehrfach den Besitzer.

Simpsons Berechnungen liegt nunmehr der Hinweis zugrunde, dass die Anwälte in den USA in einem federführenden großen Fall sich derzeit auf nur einige wenige Krebsarten konzentrierten - viele andere Krebsarten kämen damit überhaupt nicht für einen Vergleich infrage.

Während viele Anleger aktuell noch von einem Anstieg der Klägerzahlen ausgingen, sei der Spielraum nach oben auch durch die Verjährungsfrist begrenzt, glaubt der Experte. Denn bis zum Ergebnis wichtiger Prozesse in Florida und Kalifornien im April 2023 seien diese Fristen in den allermeisten US-Staaten bereits abgelaufen. Auch deute aktuell wenig darauf hin, dass die Anwaltskanzleien versuchten, noch auf die Schnelle neue Kläger zu rekrutieren.

Dass die Anleger nervös würden, sei jedoch verständlich, insbesondere, wenn sich die Klagen über einen längeren Zeitraum hinzögen. Simpson rechnet zwar damit, dass sich die Aktienkurse der betroffenen Konzerne von den aktuellen Niveaus wieder erholen werden - doch dieser Zeitpunkte dürfte noch in weiter Ferne liegen, warnte der Analyst. Auch dürfte die Schwankungsanfälligkeit mit dem anhaltenden Nachrichtenfluss zu dem Fall erhöht bleiben. Für langfristige Anleger jedoch könnte dies eine günstige Gelegenheit sein, um zuzugreifen.

Entsprechend der Einstufung "Equal Weight" rechnen die Analysten von Barclays Capital damit, dass sich die Aktie in den kommenden zwölf Monaten in etwa wie die anderen Titel im beobachteten Sektor entwickeln wird./tav/edh/mis

Analysierendes Institut Barclays Capital.

Veröffentlichung der Original-Studie: 29.08.2022 / 17:08 / GMT

Erstmalige Weitergabe der Original-Studie: 30.08.2022 / 04:30 / GMT