MÜNCHEN (dpa-AFX) - Die bayerischen Grünen werfen Ministerpräsident Markus Söder Versäumnisse bei der Corona-Impfkampagne im Freistaat vor. Im Sommer "wäre genug Zeit gewesen, den Impfstart vernünftig vorzubereiten", sagte Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann der "Augsburger Allgemeinen" (Samstag). Und jetzt habe der CSU-Chef der Impfbereitschaft mit dem Ruf nach einer Impfpflicht für das Pflegepersonal einen "Bärendienst" erwiesen.

Notwendig wäre eine motivierende Informationskampagne. "Söder macht das genaue Gegenteil, wenn er öffentlich von einem Impfzwang für Pflegekräfte schwadroniert", kritisierte der Grünen-Politiker. "Wir fangen doch gerade erst an, die Menschen in den Heimen und die über 80-Jährigen zu impfen."

Um den Menschen Angst zu nehmen, sollten die Hausärzte eingebunden werden. "Das sind die Vertrauenspersonen, auf die es hier ankommt", sagte Hartmann. "Beim Impfen reicht es mir nicht, dass Markus Söder sagt, er werde sich selbst impfen lassen."

An Stelle Söders wies Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) die Kritik zurück: "Wir haben 100 Impfzentren in Bayern eingerichtet, mobile Impfteams arbeiten seit Ende Dezember mit Hochdruck, um vor allem in den Alten- und Pflegeheimen die hochbetagten Menschen und das Pflegepersonal zu impfen." Stand 16. Januar seien 202 477 Menschen geimpft worden, inklusive der ersten neun Zweitimpfungen.

"Unsere Impflogistik funktioniert", sagte Holetschek. In einer "späteren Phase" sollen auch die Hausärzte in die Impfungen eingebunden werden. "Das geht aber erst, wenn ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht, der möglichst keine extremen Niedrigtemperaturen für die Lagerung benötigt, denn diese besondere Infrastruktur können die Arztpraxen in der Regel nicht leisten."

Bayern soll eigentlich gut 100 000 Impfdosen pro Woche erhalten. Doch der US-Konzern Pfizer hat eine vorübergehende Kürzung angekündigt. Eine Impfstoff-Fabrik in Belgien soll die Produktion erhöhen, muss dafür jedoch zuerst umgebaut werden. Mit wie vielen Dosen weniger nun zu rechnen ist, war zunächst unbekannt.

Die Grünen kritisieren auch den 15-Kilometer-Radius um die Corona-Hotspots: Das sei nicht nachvollziehbar, weil Kontakte zu vermeiden das Ziel sei, nicht Bewegung zu beschränken. Die Zumutungen müssten verständlich und ausgewogen sein, sonst leide die Akzeptanz der Corona-Maßnahmen insgesamt. Statt im Privatbereich immer weiter nachzuschärfen, sollte die Arbeitswelt stärker in den Blick genommen werden: Auf dem Arbeitsweg und in der Arbeit fänden die meisten Kontakte statt, "dort muss noch mehr getan werden", sagte Hartmann./rol/DP/mis