NEW YORK/LONDON (dpa-AFX) - Dem US-Pharmakonzern Pfizer machen bei der Auslieferung seines Corona-Impfstoffs Verzögerungen beim Ausbau der Lieferkette zu schaffen - mit Folgen womöglich auch für Deutschland. "Das führt dazu, dass alle, die unter den Erstadressaten der Lieferungen sind, ob das Großbritannien, die USA oder die Europäische Union ist, jetzt mit weniger Impfdosen in den ersten Wochen zu rechnen haben", sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag in Berlin. "Gleichwohl wird es, Stand heute, wenn die Zulassung erfolgt, mit dem Jahreswechsel erste Impfungen in Deutschland geben können."

Pfizer hatte zusammen mit dem Mainzer Hersteller Biontech einen Corona-Impfstoff entwickelt. In Großbritannien ist dieser bereits zugelassen, in der EU und den USA noch nicht. Das könnte aber noch im Dezember passieren.

Der Ausbau der Lieferketten dauere länger als angenommen, hatte eine Pfizer-Sprecherin dem "Wall Street Journal" gesagt. Außerdem hätten die Ergebnisse der klinischen Studie später vorgelegen als ursprünglich gedacht. Der Zeitung zufolge hielt Pfizer noch bis Mitte November intern an dem Ziel fest, bis Ende dieses Jahres 100 Millionen Impfdosen auszuliefern. Zuletzt sprach das Unternehmen allerdings schon von 50 Millionen Dosen. Für das kommende Jahr bleibe es bei der ursprünglichen Planung zur Auslieferung von mehr als einer Milliarde Impfstoff-Dosen, schrieb die Zeitung weiter.

In Großbritannien, wo die Arzneimittelbehörde MHRA dem Impfstoff am Mittwoch eine Notfallzulassung erteilt hatte, soll nach dem Eintreffen der ersten Impfdosen bereits am kommenden Dienstag mit dem Impfen begonnen werden. Das sagte NHS-Providers-Geschäftsführer Chris Hopson am Freitag im BBC-Fernsehen. Premierminister Boris Johnson sprach von der größten Massenimpfung in der Geschichte Großbritanniens. Großbritannien, das zu den besonders hart von der Pandemie betroffenen Ländern gehört, ist das erste Land überhaupt, das den Impfstoff zur breiteren Anwendung freigegeben hat.

Als erstes geimpft werden sollen Bewohner und Mitarbeiter von Pflegeheimen sowie über 80-Jährige und besonders gefährdetes medizinisches Personal.

Zum Corona-Impfstoff vom US-Pharmaunternehmen Moderna wurden unterdessen neue Daten bekannt: Die durch den Impfstoff ausgelöste Immunantwort ist mehrere Monate deutlich im Blut nachweisbar. Das zeigen Daten aus einer sogenannten Phase-I-Studie, die im "New England Journal of Medicine" ("NEJM") veröffentlicht wurden. Das Ergebnis könnte darauf hindeuten, dass die Moderna-Impfung über einen längeren Zeitraum Schutz gegen Covid-19 bietet. Ein Nachweis ist das aber nicht.

Zugleich erneuerte Moderna noch mal seine Erwartung, dass bis Ende des Jahres 20 Millionen Impfdosen in den USA verfügbar sein sollen. Für die ersten drei Monate des kommenden Jahres wird eine Produktion von 100 bis 125 Millionen Moderna-Impfdosen erwartet. Davon sollen 15 bis 25 Millionen außerhalb der USA zur Verfügung stehen. Insgesamt rechnet der Konzern damit, dass er 2021 weltweit bis zu einer Milliarde Impfdosen herstellen kann. Um den vollen Immunschutz zu haben, muss jeder Geimpfte zwei Dosen erhalten.

Die US-Arzneimittelbehörde FDA und die Europäische Arzneimittel-Agentur Ema prüfen derzeit Anträge auf bedingte Zulassungen für die Impfstoffe von Biontech und Pfizer sowie Moderna. In den USA wird noch im Dezember mit Notfallzulassungen gerechnet.

Die US-Regierung rechnet nach Angaben von dieser Woche damit, bis Ende des Jahres Pfizers Corona-Impfstoff für 6,4 Millionen Menschen zur Verfügung zu haben. Außerdem könnten in den USA bis Jahresende auch 12,5 Millionen Menschen den Impfstoff der Biotech-Firma Moderna bekommen.

Laut einer Prioritätenliste eines Beratungskomitees der US-Gesundheitsbehörde CDC sollen Mitarbeiter von Gesundheitseinrichtungen und Bewohner von Alten- und Pflegeheimen zuerst geimpft werden. CDC-Direktor Robert Redfield sagte in der Nacht zum Freitag, dass er sich dieser Empfehlung anschließe./so/hbr/cah/DP/jha