WOLFSBURG (dpa-AFX) - Der Volkswagen-Konzern (VW) hebt nach einem Rekordergebnis im ersten Halbjahr erneut seine Renditeziele für das Gesamtjahr an. "Besonders das Premiumgeschäft lief mit zweistelligen Renditen sehr gut, die Financial Services ebenfalls", sagte VW-Chef Herbert Diess am Donnerstag zu den Zahlen aus den ersten sechs Monaten, zu denen das Unternehmen bereits Eckdaten geliefert hatte. Die Wolfsburger profitieren trotz nach wie vor herausfordernden Rahmenbedingungen weiter von starker Nachfrage, der für das Unternehmen guten Entwicklung von Preisen und dem Schwenk hin zu teureren Autos.

Nun sollen 2021 vom Umsatz 6,0 bis 7,5 Prozent als Ergebnis vor Zinsen und Steuern hängen bleiben, wie das Dax-Schwergewicht in Wolfsburg mitteilte. Zuletzt hatten Diess und sein Finanzchef Arno Antlitz 5,5 bis 7 Prozent operative Marge in Aussicht gestellt. Auch bei dem für Anleger wichtigen beim Zufluss finanzieller Mittel im Automobilgeschäft (Netto Cashflow) wird der Konzern optimistischer.

Die VW-Vorzugsaktie legte vorbörslich auf der Handelsplattform Tradegate um 1,3 Prozent zu. Nach dem starken Anstieg des Kurses in den ersten Jahresmonaten bis auf 252,20 Euro Mitte März hatte das Papier zuletzt wieder etwas den Schwung verloren. Ein erneuter Anstieg bis auf 245,45 Euro Anfang Juni war nicht nachhaltig, zuletzt kostete die im Dax notierte Vorzugsaktie nur wenig mehr als 200 Euro.

Stifel-Analyst Daniel Schwarz wertete die erhöhte Margenprognose als positives Zeichen. Er verwies allerdings auf deutlich niedrigere Ergebnisbeiträge der chinesischen Gemeinschaftsunternehmen im zweiten Quartal.

Der Konzern hat in der ersten Jahreshälfte im laufenden Geschäft so viel verdient wie noch nie. Das Betriebsergebnis erreichte nach Angaben vom Donnerstag einen Rekordwert von knapp 11,4 Milliarden Euro - "trotz weiterhin herausfordernder Rahmenbedingungen" und nach einem Verlust von etwa 1,5 Milliarden Euro im Vorjahreszeitraum. Die operative Rendite betrug damit 8,8 Prozent - was das Management veranlasste, die Jahresprognose in diesem Bereich erneut anzuheben. Die Premiummarken Audi und Porsche erreichten beide in den ersten sechs Monaten zweistellige operative Margen.

Europas größte Autogruppe konnte die Folgen der zeitweiligen Corona-Verkaufseinbrüche sowie der Werksschließungen im Frühjahr 2020 damit weiter abstreifen. Der operative Ertrag ist jetzt bereits höher als im vorigen Gesamtjahr.

Nach Steuern blieben den Wolfsburgern von Januar bis Juni rund 8,4 Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr 2020 hatten sie hier noch mit mehr als einer Milliarde Euro in den roten Zahlen gelegen. Der Umsatz wuchs um über ein Drittel auf gut 130 Milliarden Euro. Die weltweiten Auslieferungen waren im ersten Halbjahr um mehr als ein Viertel auf 5,0 Millionen Fahrzeuge gestiegen.

Die Nachfrage zieht bei vielen Autoherstellern wieder deutlich an, auch der Konkurrent Daimler hatte jüngst starke Zahlen gemeldet. Eine Spätfolge, die ebenso auf die Pandemie zurückzuführen ist, hat die Branche jedoch nach wie vor im Griff: Es fehlen die überall verbauten Mikrochips mit Halbleiter-Elementen.

Diess sagte den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX mit Blick auf die aktuelle Versorgungskrise und langen Wartezeiten für Kunden: "Ich gehe davon aus, dass wir das im vierten Quartal aufholen können." Wegen der Chip-Engpässe rechnet der Konzern in diesem Jahr nicht mehr mit einem ganz so großen Zuwachs der Auslieferungen wie bisher. Dennoch sollen sie weiter spürbar über dem Vorjahr liegen.

Die VW-Dachgesellschaft Porsche SE zog am Donnerstag wegen des guten Laufs bei VW mit erhöhten Gewinnaussichten nach. Nun stehen 3,4 bis 4,9 Milliarden Euro Ergebnis nach Steuern im Plan. Bisher war das Management von 2,6 bis 4,1 Milliarden Euro ausgegangen - hatte aber bereits angedeutet, dass der Gewinn eher am oberen Ende der Bandbreite landen dürfte. Das Ergebnis der Stuttgarter wird ganz maßgeblich vom Geschäftserfolg des Wolfsburger Konzerns bestimmt, an dem die Holding die Stimmrechtsmehrheit und rund 31,4 Prozent der Kapitalanteile hält.

Am Vorabend einigte VW sich zudem mit dem französischen Autovermieter Europcar auf eine Übernahme. Europcar will das Angebot eines Konsortiums um den Autobauer annehmen. Der Preis liege bei 0,50 Euro je Aktie. Das würde rund 2,5 Milliarden Euro entsprechen. Dazu kämen 0,01 Euro je Aktie, sollte das Konsortium mit VW, dem Vermögensverwalter Attestor und dem niederländischen Mischkonzern Pon Holdings nach Abschluss des Angebots die Squeezeout-Schwelle erreichen.

"Das Konsortium hat sich zum Ziel gesetzt, Europcar zu transformieren und neue und innovative Mobilitätslösungen anzubieten, um der zunehmenden Kundennachfrage nach Services als Ergänzung zum eigenen Fahrzeug gerecht zu werden", teilte Volkswagen mit. VW hatte vor rund einem Monat das schon länger kolportierte Interesse an Europcar öffentlich gemacht, war mit einem Angebot von 44 Cent je Aktie aber zunächst abgeblitzt./men/jap/mis