KOPENHAGEN/BERLIN (dpa-AFX) - Mehr als sieben Monate nach dem Baustopp für die Ostseepipeline Nord Stream 2 wegen der US-Sanktionen bleibt unklar, ob und wann die letzten Rohre des Milliardenprojekts verlegt werden. Zwar trat eine dänische Genehmigung für den Einsatz russischer Verlegeschiffe nach Auslaufen einer Einspruchsfrist am Montag in Kraft. Nord Stream 2 hat die Wiederaufnahme der Bauarbeiten bei der dänischen Energieverwaltung aber bis Dienstagnachmittag noch nicht angemeldet.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier setzt unterdessen trotz der Drohungen mit weiteren Sanktionen aus den USA weiter auf Deeskalation. "Wir hoffen immer noch, dass es nicht zu diesen Sanktionen kommt. Wir sind uns in der Bundesregierung einig, dass wir jederzeit für Gespräche zur Verfügung stehen, um eine Eskalation zu verhindern", sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur.

Die Pipeline zwischen Russland und Deutschland durch die Ostsee ist zu 94 Prozent fertig. Von den insgesamt 2460 Kilometern - die sich ergeben, weil die 1230 Kilometer lange Pipeline aus zwei parallelen Strängen besteht - fehlen nur noch gut 150: etwa 120 in dänischen und mehr als 30 in deutschen Gewässern. Im Dezember 2019 waren die Bauarbeiten vor der dänischen Insel Bornholm abrupt gestoppt worden, weil die beiden Schweizer Verlegeschiffe wegen der ersten Sanktionswelle der USA ihre Arbeit einstellten.

Jetzt sollen zwei russische Schiffe die Pipeline vollenden, die bereits in der Ostsee auf ihren Einsatz warten. Die Internetseite MarineTraffic, die Schiffe weltweit verortet, zeigt Mukran auf Rügen und Rostock als Standorte der "Akademik Tscherski" und der "Fortuna" an.

Für den Einsatz solcher Rohrverlegungsschiffe mit Anker musste sich Nord Stream 2 eine Genehmigung bei der dänischen Energieverwaltung (Energistyrelsen) einholen, die am 6. Juli grünes Licht gab. Innerhalb einer vierwöchigen Einspruchsfrist konnte schriftlich dagegen Beschwerde eingelegt werden. Am Montag lief diese Frist aus, ohne dass bei der in Viborg ansässigen Energieberufungsstelle (Energiklagenævnet) Einsprüche eingingen.

Nord Stream 2 äußert sich bisher nicht zu der Frage, wann die Bauarbeiten wieder aufgenommen werden. Ein Sprecher erklärte lediglich, wegen der bestehenden Sanktionen sei man "gezwungen, nach neuen Lösungen für die Verlegung der verbleibenden sechs Prozent unserer Pipeline" zu suchen. "Wir werden über diese Lösung zu gegebener Zeit informieren."

US-Präsident Donald Trump kritisiert Nord Stream 2 seit Jahren und wirft Deutschland vor, es lasse sich militärisch vor Russland schützen, verschaffe Moskau aber gleichzeitig hohe Einnahmen aus Gasexporten. Kritiker werfen ihm vor, die Pipeline nur verhindern zu wollen, um mehr amerikanisches Flüssiggas in Europa verkaufen zu können.

Trump hatte Ende 2019 erste Strafmaßnahmen gegen bestimmte Unternehmen ermöglicht, die am Bau von Nord Stream 2 beteiligt sind. Die betrafen vor allem die Verlegeschiffe. Mitte Juli drohte US-Außenminister Mike Pompeo mit einer Ausweitung der Sanktionen unter dem CAATSA-Gesetz ("Countering America's Adversaries through Sanctions"), die auch deutsche Unternehmen treffen könnten. Der Ost-Ausschuss der deutschen Wirtschaft fordert nun harte Gegenmaßnahmen.

Die Bundesregierung hofft aber weiter auf andere Lösungen. Altmaier wies im dpa-Interview noch einmal darauf hin, dass ohne deutschen Einsatz der Gastransit von Russland durch die Ukraine nicht auf Jahre hätte gesichert werden können. "Wir haben hier in diesem Ministerium die entscheidenden Verhandlungen geführt", sagte er. Kritiker von Nord Stream 2 hatten befürchtet, dass die neue Pipeline der Ukraine wirtschaftlich erheblich schaden könne.

Altmaier trat auch den amerikanischen Befürchtungen hinsichtlich ihres Flüssiggas-Geschäfts entgegen. "In Norddeutschland sind wir dabei, Terminals zu bauen, wo dann auch Flüssiggas aus den USA angelandet und in Deutschland verkauft werden kann", sagte der CDU-Politiker. Vor diesem Hintergrund gebe es keinen Grund für Sanktionen. "Im Übrigen hoffe ich und erwarte ich, dass sich alle Beteiligten auch an die Vorgaben des Völkerrechts halten."/mfi/DP/fba