Was Klimarisiken betrifft, wird Zentral- und Osteuropa oftmals nicht allzu viel Aufmerksamkeit geschenkt. Im europäischen Kontext ist die CEE-Region jedoch keinesfalls Nachzügler. Unser Raiffeisen Research Team hat nun eine Studie zu Green Transition in CEE veröffentlicht.

Wir sprachen dazu mit Gunter Deuber, Bereichsleiter Volkswirtschaft und Finanzanalyse, Peter Öhlinger, Volkswirt, und Vera Economou, ESG Group Competence Center Lead (alle RBI Wien).

Was hat Raiffeisen Research motiviert die Studie zu Green Transition Risiken in CEE durchzuführen?

Gunter Deuber: Wir müssen Klimarisiken und ESG-Transitionsagenden in alle Bereiche unserer (makroökonomischen) Finanzanalysen integrieren. Auf diese Weise können wir die Herausforderungen des Wandels in unseren Heimatmärkten besser verstehen und Geschäftsmöglichkeiten identifizieren. Wir können auch einen Beitrag zur aktiven langfristigen Positionierung des RBI-Konzerns leisten und das Top-Management in Diskussionen mit politischen Entscheidungsträgern, Regulierungsbehörden und in Regulierungsprozessen mit Fokus auf langfristige Klima- und Transformationsrisiken unterstützen.

Bedeutet Klimaneutralität weniger Wirtschaftswachstum?

Peter Öhlinger: Nicht unbedingt. Es kommt darauf an, in welchem Szenario sich ein Land befindet. Die Klimaszenarien, mit denen wir uns beschäftigen, zeigen, dass die mitteleuropäischen Volkswirtschaften von einem geordneten Übergang erheblich profitieren würden. In einem solchen Szenario wird das BIP im Jahr 2040 schätzungsweise um bis zu sieben Prozent über dem Potenzial liegen. Andererseits würde ein Übergangsschock (abrupte Umsetzung von Maßnahmen) in allen Ländern zu schwerwiegenden wirtschaftlichen Störungen führen, die wahrscheinlich von Dauer wären (BIP-Niveau für längere Zeit unter dem Potenzial).

Können Sie die wichtigsten Ergebnisse Ihrer Studie in fünf Sätzen zusammenfassen?

Peter Öhlinger: Die Hauptaufgabe der mittel- und osteuropäischen Volkswirtschaften besteht darin, den Übergang zu einer grünen Wirtschaft zu bewältigen. Während einige Länder deutlich hinter der EU und manchmal auch im internationalen Vergleich zurückbleiben, schneiden andere durchwegs besser ab. In den letzten Jahrzehnten haben die mittel- und osteuropäischen Länder gezeigt, dass sie bereit sind, einen Beitrag zu einer grünen Wirtschaft zu leisten. Es liegt jedoch noch ein langer Weg vor ihnen, und es steht viel auf dem Spiel. Vieles wird davon abhängen, wann die Länder aufhören, nur zu reden, und anfangen, ernsthafte Maßnahmen zu ergreifen.

Wie sieht es mit dem grünen Übergang in den westlichen Balkanländern aus?

Vera Economou: Die Daten von Raiffeisen Research zeigen, dass der grüne Übergang für die meisten Länder des Westbalkans eine große Herausforderung darstellen wird. Eine massive technologische Aufrüstung wird notwendig sein, während der EU Green Deal große Geschäfts- und Investitionsmöglichkeiten bietet, um Modernisierung und Innovation zu fördern. Um die Ziele des Grünen Deals zu erreichen, ist ein strategischer Schwerpunkt auf die Entwicklung umweltfreundlicher Gebäude und Energieeffizienz, erneuerbarer Energien und sauberer Verkehrsmittel erforderlich, unterstützt durch öffentliche Investitionen und den Finanzsektor.

Was erstaunt Sie am meisten, wenn Sie sich Ihre Ergebnisse ansehen?

Gunter Deuber & Peter Öhlinger: Einige Länder wie Ungarn, die manchmal als wenig progressiv wahrgenommen werden, wenn es um fortschrittliche Agenden geht, sind ziemlich weit vorangeschritten, wenn es um Klimarisiko-Agenden am Finanzmarkt geht. Im Gegensatz dazu steht der am weitesten entwickelte Wirtschafts- und Bankenmarkt in Mitteleuropa (Tschechien) vor einer massiven Transformationsherausforderung, während wir das Land bei regionalen zukunftsorientierten Trendentwicklungen im ESG-Bereich noch nicht wirklich an der Spitze sehen. Das Gleiche gilt teilweise auch für Österreich.

Eine Kurzfassung unserer umfassenden englischsprachigen Studie (Research Study on Green Transition; nur für registrierte Portalnutzer) finden Sie hier:

Perspektiven: Von Braun zu Grün - Klimawandel in CEE

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Raiffeisen Bank International AG published this content on 29 September 2021 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 29 September 2021 13:21:04 UTC.