Die Konjunktur befindet sich in Europa zu Jahresbeginn 2021 noch in einer schwierigen Phase. Die neuerlichen staatlich verordneten Schließungen wegen der COVID-19-Infektionsraten bedeuten vor allem für den Dienstleistungssektor einen enormen Rückschlag. Doch im Gegensatz zum Frühjahr 2020 sind diesmal die Industrie und der internationale Handel weniger betroffen, sodass die Produktionseinbrüche moderater ausfallen. Mit der Hoffnung auf eine flächendeckende Impfung hat sich die Stimmung bei den Unternehmen insgesamt deutlich verbessert. 'Wir rechnen im Verlauf des ersten Halbjahres 2021 mit einer deutlichen Belebung der Wirtschaftsaktivität, die sich bis ins Jahr 2022 fortsetzen sollte. Somit könnte 2021 die BIP-Wachstumsrate in der Eurozone 4 Prozent und in Österreich 3,5 Prozent erreichen', sagte Gunter Deuber, seit Anfang Jänner Leiter des Bereichs Volkswirtschaft und Finanzanalyse in der Raiffeisen Bank International (RBI). In Zentral- und Osteuropa (CEE) sind die Länder unterschiedlich von der Pandemie betroffen. Dementsprechend unterschiedlich erwarten die Raiffeisen Research-Analysten auch den Aufholprozess in der Region. Mit realen BIP-Zuwächsen von 3 bis 5 Prozent (Ausnahmen Tschechien und Russland mit 1 bzw. 2,3 Prozent) sollten vor allem Länder mit starkem privaten Konsum wieder Anschluss an die Zeit vor der Pandemie finden. Risikofaktoren sind dabei längere Verzögerungen bei der Reduktion der Infektionszahlen, eine ausgeprägte Insolvenzwelle, kein nennenswerter Beschäftigungszuwachs sowie eine anhaltend hohe Sparquote.

Starke Unterstützung für BIP und Finanzmärkte

Starke Unterstützung bekommt die Wirtschaftsaktivität von der Geld- und Fiskalpolitik. Die Budgetdefizite 2021 bleiben in der Eurozone und Österreich auf hohem einstelligen Niveau. Dazu kommen die Mittel aus dem Wiederaufbaufonds der EU im zweiten Halbjahr 2020, die vor allem Kroatien, Bulgarien, Rumänien, Slowakei, Polen und Ungarn zugutekommen sollten.

Zusätzlicher Stimulus kommt aus dem neuen EU-Budget 2021-2027, dessen Hauptnutznießer Bulgarien, Ungarn und Polen sind. 'Der Höhepunkt der europäischen Geldpolitik dürfte ab Mitte 2021 die Neudefinition der EZB-Strategie sein. In jedem Fall sind auf absehbare Zeit keine Zinsänderungen zu erwarten. Das gilt auch für die USA', sagte Raiffeisen Research-Chefanalyst Peter Brezinschek. 'Schwerpunkte der Geldpolitik, und zwar zunehmend auch in CEE, sind weiterhin Anleihekaufprogramme. Die diesbezüglichen Risikofaktoren sind Verzögerungen sowohl in der Aufteilung der Finanzmittel aus dem NextGeneration-Programm als auch bei Einreichungen von EU-Finanzierungen in CEE-Ländern und große Diskrepanzen bei der Neudefinition der EZB-Strategie.'

Wenig Schwankungsbreite bei Rentenrenditen, umso mehr bei Aktienmärkten

Damit bleiben die Renditen auf den Rentenmärkten weit unter dem natürlichen Niveau von Risiko zu Ertrag. In der Eurozone bleiben sowohl die deutschen wie österreichischen zehnjährigen Anleiherenditen negativ, während sie in den USA bei 1 Prozent liegen. Da die Inflationsrate tendenziell ansteigen dürfte, sinken somit die realen Renditen 2021 noch tiefer in den negativen Bereich. Die meisten CEE-Länder profitieren von den Negativzinsen der Eurozone und verbleiben deshalb auf tiefen Zins- und Renditeniveaus. Risikofaktoren sind für Deuber stärkere Preisanstiege als erwartet, höhere Budgetdefizite und unerwartete Währungsturbulenzen aus politischen Gründen.

Die Aktienmärkte haben sich zum Jahreswechsel stark präsentiert. Insgesamt stehen einige prominente Aktienindizes auf historischen Höchstständen (S&P500, NASDAQ, DAX) oder setzten ihre Aufwärtsentwicklung fort (EuroStoxx50, ATX). 'Neben der großzügigen Fiskal- und Geldpolitik wirken die deutlich höheren Gewinnschätzungen für 2021 und die sich aufhellenden Konjunkturaussichten bis 2022 positiv auf die Börsenentwicklung. Andererseits haben die Bewertungen in vielen Ländern extrem hohe Niveaus erreicht und würden keine Rückschläge in der Pandemiebekämpfung im Jahresverlauf verzeihen', so Brezinschek. 'Auch die Präferenz der Investmentstile und damit die jeweiligen Branchenfavoriten werden bestimmen, welche Aktienindizes 2021 besser oder schlechter abschneiden werden.' Zu den Risikofaktoren müssten auch die politische Neuorientierung in den USA aber eventuell auch in Europa (Bundestagswahl in Deutschland) gezählt werden.

Eine detaillierte Version des Ausblicks auf 2021 finden Sie hier. Das Raiffeisen RESEARCH-Portal wurde konzeptionell, inhaltlich und optisch überarbeitet und bietet einige neue Funktionen.

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Raiffeisen Bank International AG published this content on 07 January 2021 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 07 January 2021 10:51:03 UTC