Von Jon Sindreu

NEW YORK (Dow Jones)--Während sich der Sommer nähert, heben die Aussichten auf eine Erholung des Reiseverkehrs die Stimmung in der gesamten US-Luftfahrtbranche. Aber die Triebwerkshersteller sind immer noch vorsichtig - und das aus gutem Grund. Zuletzt meldeten GE und Raytheon Technologies, die beide auch Flugzeugantriebe im Programm haben, Quartalsergebnisse, die die anhaltenden Auswirkungen der Pandemie aufzeigen. GE verbrannte rund 2,8 Milliarden US-Dollar. Der Grund war ein im jahresvergleich 28-prozentiger Umsatzrückgang in der Luftfahrtsparte.

Raytheon verdiente zwar 753 Millionen Dollar, das waren aber 44 Prozent weniger ein Jahr zuvor. Sowohl die Sparte Luftfahrtkomponenten Collins Aerospace als auch das Triebwerksgeschäft von Pratt & Whitney leiden weiterhin. Nach Visible Alpha gesammelten Analystenschätzungen werden sich die Umsätze von GE in der Luftfahrt bis 2023 nicht auf das Niveau vor der Pandemie erholen und die Gewinne sogar noch länger brauchen.


   Gros der Einnahmen dank Wartung und Reparatur 

Grund ist, dass diese Unternehmen den größten Teil ihrer Einnahmen in der Luftfahrt im sogenannten Sekundärmarkt - mit Wartung und Reparatur - erzielen. Das gilt vor allem für Triebwerke, die in der Regel mit Verlust verkauft werden, aber dann über Jahre hinweg Gewinne abwerfen. Dieser Umsatz ist volatil, weil die Fluggesellschaften in Krisenzeiten Werkstattbesuche aufschieben und ältere Maschinen ausmustern. Laut den Visible-Alpha-Daten werden Pratts Sekundärmarkt-Umsätze auf absehbare Zeit nicht die Zahlen von vor der Pandemie erreichen.

Aber trotzdem gibt es jetzt hoffnungsvolle Zeichen, dass die von den Fluggesellschaften gemeldete Reiseerholung auf den Rest der Luftfahrtindustrie durchschlägt. "Januar und Februar waren ein wenig beängstigend, weil ... der Flugverkehr nicht so schnell anstieg, wie wir es erwartet hatten. Im März hat sich das Blatt gewendet", freute sich Raytheon-Chef Greg Hayes während einer Analystenkonferenz. "Die Fluggesellschaften sind tatsächlich proaktiv dabei, die Maschinen für die Verkaufssaison im Sommer fit zu machen."


   Europas Luftfahrtbranche kränkelt weiter 

Für Investoren ist es eine willkommene Nachricht, dass die Fluggesellschaften im März und April wieder aktiv wurden, als ihre Buchungen für den Sommer anzogen, anstatt auf die tatsächliche Rückkehr des Verkehrs zu warten. Dies veranlasste Raytheon, das untere Ende seiner Gewinnprognose pro Aktie für 2021 von 3,40 auf 3,50 Dollar anzuheben. Dies ist jedoch immer noch eine sehr bescheidene Anhebung, die die große Unsicherheit widerspiegelt. GE änderte seine Prognose nicht.

Während sich der US-amerikanische und der chinesische Inlandsmarkt viel besser zu entwickeln scheinen, als es noch vor zwei Monaten möglich schien, läuft es im Rest der Welt schlechter. In Westeuropa rangiert die geplante Sitzplatzkapazität immer noch 72 Prozent unter dem Niveau vom Januar 2020, wie Daten von OAG zeigen. Für ein signifikantes Comeback der Sekundärmarkt-Einnahmen ist es aber unerlässlich, dass Großraumflugzeuge wieder auf internationalen Langstrecken fliegen.


   Wette auf schnelle Wiederbelebung der Weltwirtschaft 

"Vierzig Prozent des Sekundärmarktes von Collins sind Großraumflugzeuge, und dieser Markt ist deutlich rückläufig und erholt sich nicht so schnell, wie wir dachten", mahnt Hayes. Es bleibt auch unbekannt, wie viele alte Jets, die geparkt wurden, wieder in Betrieb genommen werden. Unsicher ist auch wie Triebwerksvereinbarungen, die Wartungszahlungen je nach Nutzung des Aggregats verteilen, den Zeitpunkt der Erholung des Ersatzteilmarktes beeinflussen werden.

Für Investoren, die besonders optimistisch bei den Impffortschritten sind, kann das Triebwerksgeschäft eine Möglichkeit sein, auf eine schnellere Wiederbelebung der Weltwirtschaft zu wetten. Aber es ist immer noch ein riskantes Glücksspiel.

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April 28, 2021 08:18 ET (12:18 GMT)