Von Carol Ryan

LONDON (Dow Jones)--Die Reckitt Benckiser Group, zu der Desinfektionsmittel wie Lysol und Sagrotan gehören, war ein früher Gewinner der Pandemie. Jetzt wird das Unternehmen offenbar zu einem frühen Verlierer, da die Gesundheitskrise nachlässt.

Die in Großbritannien notierten Aktien des Konzerns sind am Dienstag deutlich zurückgefallen, nachdem die Margenprognose gesenkt und schwache Ergebnisse für das zweite Quartal veröffentlicht wurden. Der Umsatz der Hygienesparte stieg zwar um 7,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, aber im Vorquartal hatte das Plus noch bei 21 Prozent gelegen.

Die Abschwächung der Nachfrage nach Reinigungsprodukten tritt früher ein, als das Management oder die Investoren erwartet haben. Große Firmenkunden scheinen auch entspannter zu sein, wenn es darum geht, ihren Kunden zu versichern, dass die höchsten Reinigungsstandards eingehalten werden.


  Zu wenige Hygienepartnerschaften 

So hat Reckitt nach einem vielversprechenden Start, bei dem Fluggesellschaften und große Hotelketten wie Hilton unter Vertrag genommen wurden, nicht so viele Hygienepartnerschaften mit Großunternehmen geschlossen wie erhofft.

Die Besorgnis über Keime hat jedoch nicht geholfen, Reckitts Medikamentenmarken zu stärken. Der Umsatz in der Gesundheitssparte sank im zweiten Quartal um 5,6 Prozent. Die Erkältungs- und Gripperaten sind ungewöhnlich niedrig, da sich die Menschen am Arbeitsplatz und im Privatleben wenig häufig treffen (und anstecken). Das Unternehmen berichtete, dass der Krankenstand in Australien anstieg, bis neue Regierungsbeschränkungen in Melbourne und Victoria die Nachfrage nach Grippemitteln auf den Nullpunkt drückten. Reckitt beobachtet andererseits einen Anstieg der Erkältungsinfektionen in US-Bundesstaaten, in denen die Maskenpflicht aufgehoben wurde.


  Preiserhöhungen schwierig durchzusetzen 

Wie andere Hersteller von Konsumgütern hat auch Reckitt mit einem Anstieg der Rohstoffpreise zu kämpfen. Das Management reduzierte seine Margenerwartungen für das Gesamtjahr und schloss sich damit einem ähnlichen Schritt von Unilever in der vergangenen Woche an. Beide Unternehmen stellen Haushalts- und Hygieneprodukte her, bei denen es schwierig ist, die Preise zu erhöhen, da die Verbraucher leicht auf billigere Alternativen ausweichen können.

Die Aktien von Reckitt werden jetzt mit dem 18-Fachen der prognostizierten Gewinne gehandelt und liegen damit wieder in der Nähe ihrer Tiefststände von Ende 2019. Dies spiegelt teilweise die Sorgen über die Auswirkungen einer höheren Inflation auf die Pläne des Managements wider, die operativen Margen in den nächsten Jahren zu erhöhen.

Andererseits sehen die Geschäftsperspektiven nicht schlecht aus. In den vergangenen 18 Monaten wurde mehr als 1 Milliarde britische Pfund in Lieferkette, Innovationen und Marketingbudgets investiert. Und der Umsatz von Reckitt ist im ersten Halbjahr im Vergleich zum gleichen Zeitraum vor der Krise immer noch um 13 Prozent gestiegen.

Möglicherweise sind die Investoren zu sehr mit kurzfristigen Problemen beschäftigt.

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(END) Dow Jones Newswires

July 27, 2021 10:13 ET (14:13 GMT)