BERLIN (dpa-AFX) - Die deutsche Rüstungsindustrie befürchtet deutliche Wettbewerbsnachteile durch die von der neuen Bundesregierung geplante Einschränkung ihrer Exporte. "Erste Äußerungen von Mitgliedern der neuen Bundesregierung deuten darauf hin, dass demnächst Rüstungsexporte in Länder außerhalb von EU und Nato so gut wie gar nicht mehr in Betracht kommen sollen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, Hans Christoph Atzpodien, der Deutschen Presse-Agentur. Die dadurch entstehenden Lücken würden dann von anderen europäischen Ländern geschlossen und die Chancen deutscher Unternehmen auf Beteiligung an europäischen Rüstungsprojekten geschmälert.

Atzpodien, dessen Verband die Interessen der deutschen Rüstungsindustrie vertritt, äußerte sich auch skeptisch zu dem im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP verankerten Gesetz zur Rüstungsexportkontrolle. "Es wird nationale deutsche Rüstungsexport-Restriktionen weiter verfestigen", sagte er. Damit würden internationale Rüstungskooperationen weiter erschwert. Atzpodien forderte eine europäische Angleichung der Rüstungsexportkontrolle. Nur so werde internationale Zusammenarbeit konkret ermöglicht, "mit nationalen Alleingängen hingegen nicht".

Deutschland hat schon in den vergangenen Jahren eine restriktivere Rüstungsexportpolitik verfolgt als europäische Bündnispartner wie Frankreich, Großbritannien oder Spanien. Durch das geplante Exportgesetz will die neue Regierung nun vor allem die Lieferungen in sogenannte Drittstaaten außerhalb von EU und Nato einschränken. Im vergangenen Jahr machten sie deutlich mehr als die Hälfte aller Exporte aus, 2020 waren es gut 50 Prozent.

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte kurz vor dem Jahreswechsel noch einmal betont, wie wichtig ihr ein Rüstungsexportkontrollgesetz ist. "Wir haben als Koalition deutlich gemacht, dass wir die Rüstungsexportpolitik der vergangenen Jahre auf den Prüfstand stellen", sagte sie in einem dpa-Interview.

Im vergangenen Jahr genehmigte die alte Bundesregierung von Union und SPD Rüstungsexporte für mehr als neun Milliarden Euro - so viel wie nie zuvor. Für mehr als die Hälfte davon gab die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Olaf Scholz erst in den letzten Tagen vor ihrer Ablösung grünes Licht, als sie nur noch geschäftsführend im Amt war./mfi/DP/zb