Basel (awp) - Der Pharmakonzern Roche hat weitere Daten zu seinem erst kürzlich in den USA zugelassenen Mittel Evrysdi vorgelegt. Auch im zweiten Jahr haben die behandelten Kinder, mit der schwersten Form der genetisch bedingten Spinalen Muskelatrophie (SMA Typ 1), motorische Fortschritte gemacht.

Die Daten stammen aus der FIREFISH-Zulassungsstudie. Sie war auch die Basis für die im August von der US-Gesundheitsbehörde FDA erteilte Zulassung für das Roche-Mittel. Bei den nun vorgestellten Daten handelt es sich um eine Zwischenanalyse nach zwei Jahren, teilte Roche am Montag mit.

Die Daten zeigten, dass 88 Prozent der mit Evrysdi behandelten Säuglinge noch lebten und auch nach zwei Jahren keine permanente Beatmung benötigten. 59 Prozent dieser behandelten Kleinkinder konnten zudem mindestens 5 Sekunden lang ohne Unterstützung sitzen. Kinder, die mit dem Typ 1 dieser erblich bedingten Krankheit diagnostiziert werden, erleben ohne Behandlung oft das zweite Lebensjahr nicht.

Die FDA hat Evrysdi zur Behandlung von Kleinkindern ab einem Alter von 2 Monaten zugelassen. Das Mittel wird einmal täglich oral verabreicht.

Einfache Verabreichung

Damit unterscheidet sich das Roche-Mittel von den beiden bereits zugelassenen Therapien. So wird die Gentherapie von Novartis, Zolgensma, nur ein einziges Mal intravenös verabreicht. Bei den Bemühungen, diese Therapie auch älteren Patienten zugänglich zu machen, hat der Basler Konzern zuletzt einen Rücksetzer erlitten. In diesem Fall muss die Genersatz-Therapie nämlich über das Rückenmark verabreicht werden. Die US-Zulassungsbehörde FDA hat dem Konzern nun ans Herz gelegt, eine entsprechende Studie durchzuführen.

Spinraza von Biogen wird ebenfalls als intrathekale Injektion (in den unteren Rücken, direkt in die Wirbelsäule) verabreicht. Die Patienten müssen sich nach vier Initialbehandlungen innerhalb weniger Wochen dann alle vier Monate behandeln lassen.

Darüber hinaus liegt der Preis der Roche-Therapie mit bis 340'000 Dollar pro Jahr unter denen der Konkurrenz-Mittel. Spinraza von Biogen kostet 375'000 US-Dollar jährlich, während die einmalige Gentherapie von Novartis mit 2 Millionen US-Dollar zu Buche schlägt.

Positive Analystenkommentare

Analysten äussern sich in ersten Kommentaren denn auch wohlwollend über die Nachrichten. So rechnen etwa die Mirabaud-Experten damit, dass Evrysdi kurz- bis mittelfristig von einer erleichterten Markteinführung profitieren werde, da für die intrathekale Verabreichung von Zolgensma durch Novartis noch eine konfirmatorische Phase-III-Studie erforderlich sei, bevor es wahrscheinlich zugelassen werde. Die Experten trauen dem Roche-Mittel bis 2026 ein Spitzenumsatzpotenzial von 1,8 Milliarden Franken zu.

Michael Nawrath von der ZKB zielt darauf ab, dass Roche mit den Daten nun die Domäne der Gentherapie Zolgensma von Novartis attackiere. Diese ist bisher nur bei Babys bis zum Alter von 2 Jahren mit dem Typ 1 der SMA zugelassen. Für die zu rund 70 Prozent häufiger vorkommenden Typen 2 und 3 bei älteren Kindern mit weniger Symptomen sei bisher nur Evrysdi zugelassen. "Es scheint, dass Roche nicht nur für die Typen 2 und 3 einen Zeitvorsprung gegenüber Zolgensma von mindestens 2 Jahren am Markt hat, sondern nun auch beim Typ 1 Marktanteile für sich gewinnen kann", fasst Nawrath zusammen.

Mit einem Kursplus von 0,7 Prozent hinken die Roche-Bons am Montagmorgen allerdings dem Leitindex SMI hinterher. Dieser gewinnt zeitgleich 1,29 Prozent.

ra/ra