München (Reuters) - Für die internationale Pharma- und Medizintechnik-Branche ist der Boom aufgrund der Corona-Pandemie zu Ende.

Hersteller von Covid-19-Impfstoffen, Medikamenten und Corona-Tests berichten über drastisch sinkende Umsätze in diesem Bereich. Der US-Pharmakonzern Merck erwartet, dass das Geschäft mit der Corona-Pille Molnupiravir ("Lagevrio") in diesem Jahr auf rund eine Milliarde Dollar schrumpfen wird. Im vergangenen Jahr waren es noch fast sechs Mal so viel. Die Pandemie hat der Industrie in den vergangenen zwei Jahren eine Sonderkonjunktur mit Milliardenumsätzen und hohen Margen gebracht, weil Regierungen bereitwillig Geld für die Bekämpfung des Virus in die Hand nahmen.

Im vierten Quartal brachte die im Herbst über Asien hinweggeschwappte Corona-Welle Merck noch einmal 825 Millionen Dollar Umsatz mit Molnupiravir, deutlich mehr als gedacht, wie Vorstandschef Rob Davis am Donnerstag sagte. "In Japan sind wir Marktführer." In China war Molnupiravir bis Jahresende noch nicht zugelassen. Der US-Rivale Eli Lilly litt darunter, dass die US-Gesundheitsbehörden seinem Wirkstoff Bebtelovimab die Zulassung entzog, weil sie bezweifelt, dass das Medikament auch gegen die neuen Omikron-Subvarianten BQ.1 und BQ.1.1 wirkt.

Der BioNTech-Partner Pfizer hat allein 2022 mit dem gemeinsam entwickelten Impfstoff Comirnaty 37 Milliarden Dollar umgesetzt. Der mRNA-Impfstoff sorgte bei Pfizer für ein Rekordjahr, wie der US-Pharmariese am Dienstag mitteilte. Der Gewinn schnellte um 43 Prozent auf 31 Milliarden Dollar. Im laufenden Jahr dürfte der Comirnaty-Umsatz aber um zwei Drittel auf 13,5 Milliarden Dollar einbrechen. Das Anti-Corona-Mittel Paxlovid soll noch acht Milliarden Dollar einbringen, gut die Hälfte des Volumens von 2022. Pfizer führt den Rückgang auf die beträchtlichen Vorräte zurück, die die Länder angehäuft haben. 2024 werde der Umsatz mit Covid-Produkten wieder steigen, hofft der Konzern.

BioNTech hatte eigens für die Corona-Pandemie eilends eine Impfstoff-Produktion in Marburg hochgezogen. Nun forscht das Mainzer Unternehmen dort weiter an Impfstoffen auf mRNA-Basis, die gegen andere Infektions- und Autoimmun-Krankheiten, aber auch gegen Krebs wirken sollen. Dem Werk stattete am Donnerstag Bundeskanzler Olaf Scholz einen Besuch ab.

FÜNF MILLIARDEN UMSATZ WENIGER BEI ROCHE

Mit der Aufhebung der meisten Corona-Beschränkungen können auch die Hersteller von PCR- und Schnelltests nicht länger mit einer Sonderkonjunktur rechnen. Beim größten Diagnostikkonzern der Welt, der Schweizer Roche, rechnet man 2023 mit Umsatzeinbußen mit Tests und Medikamenten von fünf Milliarden Schweizer Franken. Andere Wirkstoffe sollen das nun wettmachen. Bereits 2022 war das Corona-Geschäft um eine halbe Milliarde Franken abgeflaut. Allein mit den Tests erwirtschaftete Roche im abgelaufenen Jahr 4,1 (2021: 4,7) Milliarden Franken.

Für den deutschen Konkurrenten Siemens Healthineers gehörten derartige Tests nie zum Kerngeschäft; trotzdem nahm er sie während der Pandemie ins Programm auf. In den beiden Geschäftsjahren 2020/21 und 2021/22 (Ende September) spülten die Covid-Schnelltests für den Hausgebrauch der Siemens-Tochter zusammen 2,6 Milliarden Euro Umsatz in die Kassen - bei satten Margen. Im Herbst-Quartal (Oktober bis Dezember 2022) brachen die Umsätze aber um 80 Prozent ein. Die Diagnostik-Sparte rutschte vorübergehend in die roten Zahlen.

(Bericht von Alexander Hübner, Patricia Weiss, Paul Arnold und Michael Erman; redigiert von Hans Seidenstücker; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)