BERLIN (dpa-AFX) - Für knapp 2,5 Millionen Beschäftigte des öffentlichen Diensts bricht mitten in der Corona-Krise ein heißer Tarifherbst an. Die Kommunen stimmen ihre Beschäftigten auf magere Zeiten ein - die Gewerkschaft Verdi pochte am Freitag in Berlin auf höhere Löhne.

Bereits vor der jüngsten Tarifrunde für Bund und Kommunen 2018 hatten massive Warnstreiks von 220 000 Beschäftigten unter anderem Teile des Nahverkehrs lahmgelegt und den Flugverkehr gestört. Nun prallen die Interessen besonders hart aufeinander - wegen der angespannten Lage der öffentlichen Haushalte und wegen des teils gestiegenen Arbeitsstresses durch die Corona-Krise.

"Im Augenblick gibt es nichts zu verteilen", sagte der Lüneburger Oberbürgermeister, Ulrich Mädge, der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (HAZ) (Freitag). Mädge ist Verhandlungsführer der kommunalen Arbeitgeber. Die Tarifrunde beginnt am 1. September in Potsdam.

"Wir müssten im Grunde ganz andere Diskussionen führen, nämlich über Einschnitte reden", sagte der SPD-Politiker. Den Arbeitgebern gehe es um Bestandssicherung.

"Uns geht es um Einkommenssteigerungen", hielt Verdi-Chef Frank Werneke dem entgegen. "Wir werden am Dienstag Forderungen beschließen, mit denen wir auf Steigerungen setzen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. An diesem Dienstag stellen Verdi und der Beamtenbund dbb in Berlin ihre Forderungen für die Tarifverhandlungen auf.

Nach vielen Bekundungen der Wertschätzung für die Leistungen in Krankenhäusern, Pflegeheimen oder Rathäusern während der Corona-Pandemie sagte Werneke: "Es kann nicht sein, dass gestern Applaus war und die Arbeitgeber heute keine Einkommenssteigerungen vereinbaren wollen."

Mägde betonte: "Jede Tarifverhandlung ist schwierig, aber diese ist wegen der Corona-Krise, die uns schwer belastet, besonders diffizil." Werneke sagte: "Uns allen wäre es lieber gewesen, es hätte keine Pandemie gegeben." Aber nun müsse es auch eine faire Lohnentwicklung für die Beschäftigten geben. "Ohne eine faire Lohnentwicklung kann sich die Binnenkonjunktur nicht entwickeln", sagte Werneke.

Im April 2018 hatten Arbeitgeber und Gewerkschaften nach dreitägigem Ringen in der Schlussrunde insgesamt 7,5 Prozent mehr Geld bis März 2020 vereinbart. Gestaffelt war das in drei Erhöhungsstufen von 3,19 Prozent, 3,09 Prozent und 1,06 Prozent. Beispielsweise ein Müllwerker in der höchsten Gehaltsstufe hatte im ersten Erhöhungsschritt 82 Euro mehr bekommen, nämlich 2712 Euro. Für die unteren Einkommen wurde eine Einmalzahlung von 250 Euro vereinbart.

Damals war seitens Verdi noch der langjährige und inzwischen in den Ruhestand gewechselte Gewerkschaftsvorsitzende Frank Bsirske der Verhandlungsführer. Seitens des Bundes hatte sich CSU-Innenminister Horst Seehofer als Tarifneuling präsentiert. In der Schlussrunde hatte es immer wieder gehakt, auch nach einem Scheitern sah es zwischenzeitlich aus./bw/DP/fba