--CO2-Preis zu Jahresbeginn auf Allzeithoch gestiegen

--Erneuerbaren-Geschäft kommt laut Kurzanalyse zu langsam voran

--RWE weist schlechte Finanzlage und Übernahme-Spekulationen zurück

(Neu: aktuelle Emissionsdaten, Hedgingdaten)

Von Petra Sorge

BERLIN (Dow Jones)--Die Umweltorganisation Greenpeace sieht den Essener Energieversorger RWE wegen steigender CO2-Preise und dem Atomausstieg vor schwierigen Jahren. Nach dem Milliarden-Deal mit Eon verfüge RWE zwar nun über ein Ökostrom-Portfolio, habe aber "keine solide Wirtschaftsbasis - auch nicht mehr am Stammsitz in Deutschland", heißt es im Vorwort einer neuen Kurzanalyse. Der Konzern wies dies deutlich zurück. Dank der jüngsten Kapitalerhöhung im August liege die Eigenkapitalquote nun bei 29,1 Prozent.

Hinter dem Strategiewandel vom Braunkohlegiganten zum internationalen Öko-Unternehmen stecke aber "nur wenig Substanz", kritisiert die Greenpeace-Studie. Denn weiterhin bleibe RWE "größter Verschmutzer in Europa". 2019 betrugen die CO2-Emissionen 88,1 Millionen Tonnen, 2020 immer noch 68,9 Millionen Tonnen. Die spezifischen Emissionen in Deutschland lagen aber noch 2019 mit 792 Gramm pro Kilowattstunde fast doppelt so hoch wie der Durchschnitt, wie eine eigene Berechnung von Greenpeace unter Verweis auf Daten des Umweltbundesamtes zeigt, in die Dow Jones Newswires Einblick hatte. Der Anteil von Wind, Solar, Wasserkraft und Biomasse am RWE-Strommix betrage lediglich 21 Prozent, heißt es in der Kurzstudie des Hamburger Energieanalysten Steffen Bukold.


   RWE entgegnet: CO2-Preise bis 2030 abgesichert 

Der langsame Erneuerbaren-Zuwachs sei jedoch gefährlich: Denn die CO2-Preise im europäischen Emissionshandel (ETS) stiegen Anfang 2021 auf ein Allzeithoch von über 40 Euro pro Tonne. Zudem peilt die EU für 2030 nun deutlich strengere Klimaschutzziele an. Konzernchef Rolf Martin Schmitz betonte indes, die steigenden CO2-Preise seien für den Konzern wegen der langfristigen Absicherungsgeschäfte kein Problem. "Denn wir sind bis 2030 gehedgt gegenüber dem Markt", so Schmitz.

Laut einer Übersicht aus dem dritten Quartal hatte RWE 2020 seine CO2-Produktion mit 5 Euro pro Tonne abgesichert. Für 2023 sicherte sich der Konzern rund die Hälfte seiner CO2-Verschmutzungsrechte für 23 Euro, etwa die Hälfte des aktuellen Marktpreises. Aktuellere Daten oder solche für die nachfolgenden Jahre hat der Konzern allerdings nicht bekanntgegeben und verweist dazu auf das Geschäftsgeheimnis.


   Ölmultis drängen in den Markt 

Greenpeace warnt auch vor einer zunehmend harten internationalen Konkurrenz mit Ölmultis wie BP oder Shell, die ebenfalls in den Markt mit Offshoreanlagen drängen. Diese nutzten ihre Marktmacht "in einem bislang nicht gesehenen Umfang und erzielen im Handel hohe Gewinne - auf Kosten der Konkurrenz". RWE sei zudem international "ein lediglich mittelgroßer Newcomer, der jederzeit zum Übernahmekandidat werden kann".

Dass das Geschäft mit Meereswindparks auch für neue Akteure "attraktiver" geworden sei, bestätigte Finanzvorstand Markus Krebber zwar auf Nachfrage. RWE sei aber im Offshore-Markt weltweite Nummer 2 nach dem dänischen Giganten Orsted und habe einen Startvorteil. Außerdem habe sich der Konzern bei der jüngsten Offshore-Ausschreibung der englischen Krone, an der auch BP und Total beteiligt waren, mit 3 Gigawatt den größten Anteil gesichert. "In dem Auktionsprozess haben wir auch den geringsten durchschnittlichen Preis gezahlt, was zeigt, dass wir das Geschäft verstehen."


   Hohe Eigenkapitalquote 

Zu den Übernahmespekulationen erklärte Krebber, derartige Diskussionen führe das Unternehmen "mit unseren Investoren und den Analysten und weniger mit Greenpeace". Konzernchef Schmitz ergänzte: "Ich finde das ganz lustig, weil gleichzeitig ist man Pleitekandidat und Übernahmekandidat."

Dagegen erklärte Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid: "Der Konzern wird nur dann einen Platz in der neuen Energiewelt finden, wenn er seinen massiven CO2-Ausstoß viel schneller als bislang senkt und einen raschen Schlussstrich unter der Braunkohle zieht."

Kontakt zur Autorin: petra.sorge@wsj.com

DJG/pso/jhe

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March 16, 2021 14:51 ET (18:51 GMT)