Vergeltungsmaßnahmen und ein umfassender Handelskrieg könnten Importe verteuern, Produktionskosten erhöhen und die Kaufkraft der Haushalte schmälern, so die EZB in ihren am Montag veröffentlichten Simulationen. Das wiederum dürfte Konsum, Investitionen und Beschäftigung belasten. "Als Reaktion auf eine höhere Unsicherheit könnten Finanzinvestoren auch ihr Engagement in Aktien reduzieren, das Kreditangebot senken und eine höhere Entschädigung für das Risiko verlangen", erklärte die EZB. "Eine erhöhte Unsicherheit könnte sich weiter ausbreiten und die Volatilität an den globalen Finanzmärkten verstärken."

Ähnlich argumentiert die chinesische Regierung. Das dortige Handelsministerium warnt vor erheblichen Störungen im Handel. Diese wiederum dürften die weltweite Konjunkturerholung beeinträchtigen. US-Präsident Donald Trump hat Schutzzölle auf Stahl- und Aluminium-Importe verhängt, wovon momentan vor allem China getroffen wird.

Star-Investor Warren Buffett rechnet allerdings nicht mit einem ernsthaften Handelskrieg zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften. Beide Seiten hätten "gemeinsame Interessen", dies zu vermeiden. "Die Welt wird nicht etwas Dummes tun." Die chinesische Zollbehörde verschärfte unterdessen ihre Kontrollen von Äpfeln und Baumstämmen aus den USA. Offiziell begründet wird dies mit der Sorge vor der Einfuhr von Schädlingen.

Die EU wurde vorerst bis zum 1. Juni von den US-Schutzzöllen ausgenommen. Sie verhandelt derzeit mit der US-Regierung über eine dauerhafte Lösung. Der EZB zufolge würden die Auswirkungen bei einer Eskalation des Konflikts insbesondere für die USA erheblich sein.

Folgen sind aber auch in Deutschland zu spüren. Schon an den ersten Monaten dieses Jahres sei zu sehen, wie sich die Mengen auf dem europäischen Stahlmarkt durch Einfuhren aus Ländern wie Russland oder der Türkei deutlich erhöhten, sagte der Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, Hans Jürgen Kerkhoff, der "Neuen Osnabrücker Zeitung". So seien etwa die Importe aus Russland gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 139 Prozent gestiegen. "Es ist völlig realistisch, dass die Länder, die wegen der Zölle nicht mehr in die USA liefern können, mit ihrem Stahl auf den europäischen Markt drängen." Kerkhoff bekräftigte die Forderung an die EU, Schutzmaßnahmen gegen solche Umlenkungseffekte zu ergreifen.