SALZGITTER (dpa-AFX) - Stahlwerte tun sich im Moment schwer, Anleger zu begeistern. Die Branche steht angesichts der schwächeren Nachfrage derzeit unter Druck. Salzgitter kann sich diesen Problemen nicht entziehen. Was bei dem Unternehmen los ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEI SALZGITTER:

Die Halbjahreszahlen waren zuletzt kein Grund zur Freude bei dem Konzern. Wegen der trüben konjunkturellen Rahmenbedingungen musste Salzgitter erhebliche Einbußen hinnehmen. Die Rohstahlproduktion stagnierte nahezu, im zweiten Quartal sank sie leicht. Die gesamte Branche leidet derzeit unter einer schwächeren Nachfrage, etwa aus der Automobilindustrie oder dem Maschinenbau. Die Preise stehen dabei unter Druck. Gleichzeitig sind die Rohstoffkosten stark gestiegen, etwa für Eisenerz, welches für die Stahlerzeugung nötig ist. Dazu herrschen weltweit seit längerem Überkapazitäten.

Zusätzlich sorgen die US-Sonderzölle auf Stahlprodukte für Importdruck in die Europäische Union. Zwar hat diese ihrerseits Schutzmaßnahmen ergriffen, doch waren die nach Aussagen von Salzgitter im ersten Halbjahr nahezu wirkungslos. Salzgitter versucht, mit Einsparungen dagegenzuhalten. Nichtsdestotrotz musste das Unternehmen im zweiten Quartal einen - wenn auch geringen - Verlust hinnehmen.

Für das Gesamtjahr wurde Salzgitter zuletzt etwas vorsichtiger und erwartet einen gegenüber dem Vorjahr leicht niedrigeren Umsatz oberhalb von 9 Milliarden Euro. Zuvor hatte das Unternehmen einen geringfügig höheren Umsatz oberhalb von 9,5 Milliarden Euro angestrebt. An seiner Ergebnisprognose hielt Salzgitter im Grundsatz fest und sieht weiter ein Vorsteuerergebnis von 125 Millionen bis 175 Millionen Euro. Allerdings hatte sich der Konzern noch im ersten Quartal optimistisch gezeigt, das obere Ende der Spanne erreichen zu können, wovon im zweiten Quartal keine Rede mehr war.

Mit den Problemen steht Salzgitter nicht alleine da - auch Konkurrent Thyssenkrupp kämpft in seinem Stahlgeschäft mit Problemen und musste jüngst bei der Prognose zurückrudern. Branchenprimus ArcelorMittal hat bereits seine europäische Produktion mehrfach zurückgefahren, verzeichnete im zweiten Quartal aber dennoch erhebliche Verluste. Kein Wunder, dass ob solcher Probleme die Branche nach Konsolidierungsmöglichkeiten sucht. Der Versuch Thyssenkrupps, sein Stahlgeschäft mit dem europäischen Teil von Tata Steel zusammenzuschließen, scheiterte jedoch am Veto der EU-Kommission.

Thyssenkrupp sucht nun nach anderen Möglichkeiten für sein Geschäft. Dabei geriet auch Salzgitter wieder in den Fokus von Übernahmespekulationen. Laut einem Bericht des "Handelsblatt" von Ende August könnten die Essener ein Auge auf den Konkurrenten werfen. Auch in der Politik scheint es Verfechter solcher Ideen zu geben. Darauf in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" Mitte August angesprochen, zeigte sich Salzgitter-Chef Heinz Jörg Fuhrmann zurückhaltend. Salzgitter sei "nicht doktrinär" festgelegt und würde sich keinen Kooperationen verweigern. Zwar habe er "bis heute" noch kein Konzept zu einer Stahlfusion gesehen, das eine für den Konzern "erkennbar vorteilhafte Perspektive" gehabt hätte. Er könne und wolle jedoch nicht ausschließen, "dass es das eines Tages doch geben könnte".

Zugleich verwies er darauf, dass "die letzten zwei Jahrzehnte in Eigenständigkeit eine Erfolgsgeschichte waren". Salzgitter sei es offensichtlich gelungen, auf den relevanten Märkten wettbewerbsfähig zu sein.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Analysten hatten wegen der schwachen Entwicklung zuletzt reihenweise ihre Kursziele für die Aktie gesenkt und raten den Anlegern überwiegend zum Halten. Mit Blick auf die Konjunktur-Frühindikatoren zeichne sich für Deutschland und die Eurozone - den wichtigsten Märkten von Salzgitter - nach wie vor eine Wachstumsverlangsamung ab, begründete etwa Sven Diermeier vom Analysehaus Independent Research seine "Halten"-Empfehlung. Perspektivisch weise der Konzern aber trotzdem erhebliches Potential zur Steigerung seiner Erträge auf.

Der konjunkturelle Gegenwind habe erkennbar zugenommen und der Stahlhersteller stehe vor einem ergebnisseitig schwachen zweiten Halbjahr, schrieb Analyst Dirk Schlamp von der DZ Bank im August in einer Studie. Steigende Importe und eine gedämpfte Nachfrage insbesondere aus der Automobilindustrie belasteten das Geschäft. Auch die Commerzbank rät zum Abwarten. So impliziere der Ausblick weiterhin einen Vorsteuergewinn für das dritte Quartal, erklärte Analyst Ingo-Martin Schachel. Er bleibe hoffnungsvoll, dass sich die Ergebnisse 2020 von ihrem derzeit niedrigen Niveau erholen können. Allerdings gebe es keine belastbaren Signale dafür, räumte er ein.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Aktionäre hatten in den letzten Jahren keine Freude an ihrer Anlage. Vom Fünfjahreshoch von mehr als 50 Euro Anfang 2018 ist die Salzgitter-Aktie meilenweit entfernt - vom Rekordhoch von 158,90 Euro knapp im Sommer 2007 ganz zu schweigen. Alleine in diesem Jahr verlor die Aktie 30 Prozent und gehört damit zu den größten Verlierern im Kleinwertesegment SDax, in das der frühere Dax-Titel Anfang 2019 inzwischen abgestiegen ist. In den vergangenen zwölf Monaten liegt der Wertverlust sogar bei fast 60 Prozent. Trotz der massiven Kursverluste empfiehlt derzeit keiner der 16 im dpa-AFX-Analyser erfassten Experten das Papier zum Kauf./nas/kro/zb/fba