Pratteln (awp) - Das Spezialitäten-Pharmaunternehmen Santhera zieht einen Schlussstrich unter die Forschungsbemühungen mit dem Kandidaten Puldysa (Idebenon). Eine erste Analyse aus der Phase-III-Studie SIDEROS zeigt, dass die gesteckten Ziele kaum erreicht werden. Daher stelle man das Programm ein, teilte das Unternehmen am Dienstag mit.

In dieser Studie wurde der Wirkstoff zur Behandlung von Patienten eingesetzt, die an Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) leiden und dabei gleichzeitig mit Glukokortikoiden behandelt wurden. Man wollte herausfinden, ob der Santhera-Kandidat den Atmungsfunktionsverlust verlangsamt, der bei diesen Patienten auftritt. DMD ist eine genetisch bedingte Muskelkrankheit, die bereits im Kindesalter auftritt und hauptsächlich Knaben betrifft. Der Verlust der Atmungsfunktion ist eine der Haupttodesursachen der Krankheit

"Wir haben bei Puldysa jetzt die Reissleine gezogen", erklärte Santhera-CEO Dario Eklund im Gespräch mit AWP. "Diese Ergebnisse sind auch für uns ein Schock." Allerdings müsse man ehrlicherweise auch sagen, dass die Entwicklungsgeschichte des Kandidaten alles andere als einfach gewesen sei und vielmehr in den vergangenen Jahren eher durch Rücksetzer geprägt, fügte der Manager an.

Wichtig sei es, in dieser Situation trotzdem weiter nach vorne zu schauen und den Rücksetzer als eine weitere Erkenntnis zu sehen. Für das Unternehmen Santhera gehe es nun darum, sich für die Zukunft zu positionieren und die Arbeiten mit dem Kandidaten Vamorolone voranzutreiben, so Eklund weiter.

Ziele kaum zu erreichen

Konkret hatte Santhera am Morgen mitgeteilt, dass die Interimsanalyse vom unabhängigen Data and Safety Monitoring Board (DSMB) durchgeführt wurde. Die Ergebnisse weisen laut der Medienmitteilung darauf hin, dass die Studie die gesteckten Ziele kaum erreichen wird.

Daher werde man die Studie abbrechen, den europäischen Zulassungsantrag zurückziehen und das globale Entwicklungsprogramm für Puldysa beenden. Santhera beabsichtigt laut Mitteilung, einen Restrukturierungsplan einzuleiten, der sich auf die Beibehaltung der Schlüsselfunktionen konzentriert, um den DMD-Medikamentenkandidaten Vamorolone zu Patienten zu bringen und die anderen Pipeline-Programme weiterzuführen. Zu diesen anderen Programmen zählt den Angaben zufolge Lonodelestat für zystische Fibrose und andere Lungenkrankheiten sowie auf den gentherapeutischen Ansatz für kongenitale Muskeldystrophie im Entwicklungsstadium.

"Für Vamorolone erwarten wir im Laufe des zweiten Quartals 2021 die Topline-Daten aus der Zulassungsstudie VISION-DMD", kündigte Eklund an. Auch Vamorolone wird zur Behandlung von DMD eingesetzt. "Allerdings ist der Ansatz mit diesem Kandidaten ein komplett anderer als es der mit Puldysa war", ergänzte der Manager. Der Wirkmechanismus sei ein anderer.

Zahl der Stellenstreichungen noch nicht klar

Wie genau die Restrukturierung aussehen werde, könne er zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. Man müsse Ressourcen umverteilen. "Letztlich werden wir auch nicht alle Mitarbeitenden halten können", sagte Eklund. Wie viele Stelle letztlich abgebaut werden müssen, könne er aber noch nicht mit Sicherheit sagen.

Auch was die finanzielle Ausstattung von Santhera betrifft, gibt es laut CEO noch Fragezeichen. Zunächst müsse man evaluieren, wie viele Mittel die Restrukturierung inklusive der Anpassungen bei den Mitarbeiterzahlen brauche.

Die Nachricht kam auch für viele Marktteilnehmer und Analysten überraschend. Bei Mirabaud zeigen denn auch klar enttäuscht. Sie hätten eine negative Zwischenanalyse für unwahrscheinlich gehalten haben, insbesondere nachdem die zusätzlichen Daten, die für die jetzt gestoppte europäische Überprüfung vorgelegt wurden, absolut unterstützend waren, heisst es auch von den Experten.

Kurseinbruch

Dem Unternehmen bleibe nun der andere wichtige Werttreiber Vamorolone. Hier schätzen die Mirabaud-Analysten das Umsatzpotenzial auf mehr als 500 Millionen Franken.

"Bis dahin erwarten wir, dass das Unternehmen seine Geschäftsentwicklungsaktivitäten vorantreibt, um einen Partner für die Entwicklung von Vamorolone in weiteren Indikationen über die DMD hinaus zu finden, und dasselbe gilt für Lonodelestat für sein Potenzial in weiteren Indikationen ausserhalb der Mukoviszidose, wo wir ein Potenzial nicht nur in verschiedenen Formen der Bronchiektase sehen, sondern auch als neuartiger Checkpoint-Inhibitor bei der Behandlung von Lungenkrebs."

Die Kursreaktion war indes klar negativ. Allerdings haben die Aktien nach einem anfänglichen Kurseinbruch um annähern 50 Prozent wieder etwas aufgeholt. Zum Handelsende betrug das Minus und 27 Prozent auf 4,50 Franken.

Laut Händlern gibt es Spekulationen am Markt, wonach der Partner Idorsia seine Beteiligung an Santhera noch weiter aufstocken könnte. Ende vergangener Woche hatte Idorsia gemeldet, mittlerweile 22,34 Prozent an Santhera zu halten. Im November 2018 war das Biotechunternehmen mit 13,3 Prozent bei Santhera eingestiegen. Die Beteiligung war Teil des Abmachung über Vamorolone, das Santhera von Idorsia übernommen hatte.