Berlin (Reuters) - Der Softwareriese SAP zollt im laufenden Jahr der andauernden Corona-Krise und dem beschleunigten Wandel zum Cloud-Anbieter Tribut.

Das bereinigte Betriebsergebnis könne 2021 um bis zu sechs Prozent zurückgehen, kündigte Europas wertvollster Technologiekonzern in der Nacht zu Freitag unter Berufung auf vorläufige Zahlen an. Mindestens wird mit einem Minus von einem Prozent gerechnet. Der Walldorfer Konzern geht davon aus, dass die Corona-Krise langsam abklingt und sich im Gegenzug die Nachfrage nach Unternehmenssoftware in der zweiten Jahreshälfte "allmählich verbessert". Finanzchef Luka Mucic versicherte, SAP befinde sich auf dem richtigen Weg: "Die beschleunigte Umstellung der SAP auf das Cloudgeschäft wird langfristiges, nachhaltiges Wachstum sichern und unserem Unternehmen deutlich mehr Widerstandsfähigkeit und Planungssicherheit verleihen."

Für Schwung dürfte auch die Neuemission der US-Tochter Qualtrics sorgen, die in den nächsten Wochen ansteht. Ein Börsenprospekt für die Emission wurde bereits an der Nasdaq eingereicht. Demnach dürfte die Software-Plattform, mit der Organisationen Feedback und Daten von Kunden und Mitarbeitern einsammeln können, um diese in Echtzeit zu analysieren und weiterzuverarbeiten, beim Aktienmarktdebüt mit 12 bis 14 Milliarden Dollar bewertet werden. Dies erweitere den Spielraum von SAP, sich strategisch neu auszurichten, sagten die Analysten von Berenberg.

Anleger schauten vor allem auf das vierte Quartal, in dem SAP besser abschnitt als von Analysten erwartet. Citi sprach von einer positiven Ankündigung. SAP-Aktien stiegen zum Handelsstart am Freitag um gut ein Prozent auf 105,30 Euro, notierten damit aber immer noch etwa 16 Prozent unter dem Niveau von Ende Oktober, als SAP seine Jahresprognose zum zweiten Mal kappen musste. Damals stürzte das Papier binnen weniger Tage knapp 30 Prozent ab und damit so stark wie zuletzt 1999.

SAP ERREICHT EIGENE ERWARTUNGEN - Q4 SOLIDE

Nach einem soliden Schlussquartal erreichte SAP seine eigenen Erwartungen für 2020. Das bereinigte Betriebsergebnis kletterte leicht auf 8,28 Milliarden Euro. Seit Ausbruch der Krise lässt SAP Kostendisziplin walten und spart auch durch weniger Geschäftsreisen, geringere Gebäudekosten und den Umstieg auf virtuelle Veranstaltungen. Der Umsatz legte währungsbereinigt ein Prozent auf 27,3 Milliarden Euro zu.

Vorstandschef Christian Klein will die Krise nutzen, um SAP als reinen Cloud-Anbieter zu etablieren und das traditionelle Geschäft mit Softwarelizenzen in die Mottenkiste zu packen. Bei dem Wandel macht der Oracle-Konkurrent Fortschritte aus und sprach davon, im Cloudgeschäft sei es trotz neuer Lockdowns gelungen, "einen eindrucksvollen Schlusspunkt für das Jahr zu setzen". Die Clouderlöse stiegen währungsbereinigt um 13 Prozent, laut SAP auch dank der hohen Akzeptanz des neuen ganzheitlichen Angebots zur umfassenden Geschäftstransformation bei Pilotkunden. Wie die US-Rivalen Salesforce, Workday oder Oracle setzt SAP immer stärker auf den Verkauf von flexibleren Web-Abos, die in der Regel monatlich bezahlt werden und nicht einmalig, was Umsätze prognostizierbarer macht. Der Anteil der besser planbaren Erlöse an den gesamten Umsatzerlösen stieg im vierten Quartal um rund vier Prozentpunkte auf rund 65 Prozent.

Das Schlussquartal ist für SAP besonders wichtig, da in dem Zeitraum traditionell viele Aufträge abgeschlossen werden. In der Corona-Krise hielten sich allerdings viele Firmenkunden zurück, was den Konzernumsatz von Oktober bis Dezember um zwei Prozent auf 7,54 Milliarden Euro drückte, während das bereinigte Betriebsergebnis um drei Prozent auf 2,77 Milliarden Euro und die operative Marge um 1,5 Punkte auf 36,8 Prozent stieg. Im Vorjahresquartal waren hohe Ausgaben für Aktienboni angefallen. Auch im laufenden Jahr werden die sinkenden Einnahmen aus dem Traditionsgeschäft mit Softwarelizenzen das Umsatzwachstum deckeln. Während die Clouderlöse um 13 bis 18 Prozent zulegen sollen, wird zusammengerechnet für die Cloud- und Softwareeinnahmen höchstens mit einem Plus von zwei Prozent gerechnet. Im schlechteren Fall sollen sie währungsbereinigt stagnieren.

Am 29. Januar will der SAP-Vorstand Details zum Ausblick und abgelaufenen Jahr bekanntgeben.