(neu: Aussagen aus der Telefonkonferenz, Überschuss ergänzt, Schlusskurs, mehr Hintergrund)

GÖTTINGEN (dpa-AFX) - Sartorius bleibt Profiteur der Corona-Krise. Auch wegen der beschleunigten Impfstoffforschung blieb im ersten Quartal die Nachfrage nach den Produkten des Labordienstleisters und Pharmazulieferers aus Göttingen hoch. Konzernchef Joachim Kreuzburg bekräftigte deshalb zur Vorlage der Zahlen für das erste Quartal am Mittwoch die Jahresziele. Diese hatte der Vorstand bereits Mitte März angehoben. Auch an den ebenfalls bereits aufpolierten Mittelfristzielen hält das Management fest.

An der Börse konnte die Sartorius-Aktie nur kurz von den Quartalszahlen profitieren: Nachdem die Aktie seit Ende März um mehr als zehn Prozent zugelegt hatte, nahmen die Anleger zur Wochenmitte Gewinne mit. Aus dem Handel ging das Papier gut zweieinhalb Prozent tiefer. Seit Jahresbeginn beläuft sich das Kursplus aber immer noch auf fast ein Drittel, das Hoch aus dem Februar bei mehr als 500 Euro ist aber wieder in die Ferne gerückt.

Branchenkenner äußerten sich indes zu den Zahlen positiv. Warburg-Analyst Michael Heider lobte die "sehr starken Resultate". In einem sehr unsicherem Umfeld laufe Sartorius derzeit wie ein "Uhrwerk", schrieb der Experte. Ein US-Analyst betonte, auch ohne die Covid-Effekte erscheine der Konzern "in sehr guter Form".

Kreuzburg unterstrich während einer Telefonkonferenz erneut, dass der aktuelle Ausblick des MDax-Konzerns mit mehr Unsicherheit behaftet sei als üblich - dies gelte "nach oben wie nach unten". "Es wird sicherlich noch ein paar Monate dauern, bis wir mehr Klarheit über das Bestellverhalten der Kunden haben." Dabei verwies er auf die unterschiedlichen Nutzungsraten der am Markt derzeit verfügbaren Impfungen in verschiedenen Ländern, Unsicherheiten bei den Zulassungsprozessen und die ungeklärte Frage, inwieweit die Impfungen auch gegen womöglich weitere Mutanten wirksam sein können.

Sartorius erlebt derzeit einen wahren Bestellboom von Herstellern von Impfstoffen und Coronatests. In der Sparte Bioprocess Solutions, die Technologien für die Herstellung von Biopharmazeutika anbietet, geht ein Teil des hohen Auftragseingangs zudem auch auf das veränderte Bestellverhalten einiger Kunden zurück. Diese platzierten in der aktuellen Situation ihre Aufträge weiter im Voraus als üblich. Gleichzeitig reichten wegen der hohen Nachfrage inzwischen die den Kunden zugesicherten Lieferdaten sogar bis in das Jahr 2022 hinein, sagte Kreuzburg.

Auch die Laborsparte, die zeitweise in den vergangenen Quartalen noch hinterhergehinkt war, holte zum Jahresstart kräftig auf und wuchs ähnlich stark wie der größere Biotechbereich. Hier zahlte sich vor allem die hohe Nachfrage nach Komponenten für Corona-Tests aus. Zudem war die Sparte im Vorjahresquartal durch die damaligen Lockdowns in China belastet worden.

Rückenwind gibt es aber nicht nur durch die Pandemie: Kreuzburg sprach von auch von einer "sehr positiven" allgemeinen Geschäftsentwicklung. Der Auftragseingang beim MDax-Unternehmen stieg zwischen Januar und März im Jahresvergleich um knapp 81 Prozent. Dabei setzten die Niedersachsen gut 791 Millionen Euro um, das waren gut 55 Prozent mehr als noch ein Jahr zuvor. Hierzu trugen auch jüngste Zukäufe bei. Angeführt von der Region Asien/Pazifik verzeichnete Sartorius in sämtlichen Absatzregionen prozentual zweistellige Zuwächse.

Analysten hatten nicht nur mit weniger Erlösen, sondern auch mit einem geringeren Ergebnis gerechnet. Der bereinigte Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) kletterte auf 264 Millionen Euro nach 138 Millionen Euro ein Jahr zuvor. Die entsprechende Marge legte auf 33,3 (Vorjahr: 27,0) Prozent zu. Unter dem Strich wies Sartorius nach Minderheiten einen Gewinn von 82 Prozent aus, fast 80 Prozent mehr als im Vorjahr.

Die Marge lag in den ersten drei Monaten auch über dem, was Sartorius derzeit für das Gesamtjahr anpeilt. Hierzu trugen auch geringere Kosten bei, etwa durch die geringe Anzahl an Geschäftsreisen und weniger Neueinstellungen in den Nicht-Produktionsbereichen, so der Konzern. Solche Faktoren dürften sich im Laufe des Jahres aber "relativieren", betonte der Konzern-Chef. Daher lasse sich das "außergewöhnliche" erste Quartal nicht vollständig auf das Gesamtjahr hochrechnen, ergänzte Finanzvorstand Rainer Lehmann in der Konferenz.

Kreuzburg hatte im vergangenen Monat, als sich bereits ein starker Jahresstart für Sartorius abzeichnete, bei seinen Ambitionen für 2021 nachgelegt. Der Umsatz soll in diesem Jahr um rund 35 Prozent zulegen und die bereinigte operative Ebitda-Marge etwa 32 Prozent betragen. Dabei unterstellt der Vorstand, dass sich die Weltkonjunktur im Jahresverlauf zunehmend erholt und die Lieferketten stabil bleiben.

Der Konzern baut derzeit wegen der starken Nachfrage auch seine Kapazitäten aus, unter anderem am Standort der Zentrale in Göttingen, aber auch in China und Südkorea. Die entsprechenden Maßnahmen liefen nach Plan, sagte Kreuzburg. Keine Neuigkeiten konnte der Sartorius-Chef zur geplanten Übernahme des Chromotographie-Sparte der französischen Novasep vermelden. Noch immer hoffen die Niedersachsen auf eine baldige die Genehmigung durch die Regulierungsbehörden. "Wir erwarten eine Entscheidung Mitte des Jahres", sagte Kreuzburg./tav/nas/he