Zürich (awp) - Andréa Maechler ist eines von drei Mitgliedern des Direktoriums der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Im Interview mit der Zeitung "Schweiz am Wochenende" vom Samstag äussert sie sich zum Krieg in der Ukraine. "In solchen Zeiten sucht man Sicherheit", sagte Maechler gegenüber der Zeitung.

Aktien und Anleihen aus Russland besitzt die SNB vergleichsweise wenige, wie sie ausführt. "Nicht einmal 0,05 Prozent unserer Devisenreserven haben einen Russland-Bezug. Wir prüfen derzeit, was wir unter Einhaltung der Sanktionen jetzt mit diesen Anlagen machen."

Russische Firmen sind jedoch nicht nur in Moskau kotiert, sondern teilweise auch in der Schweiz. "Schweizer Aktien halten wir keine, also auch keine von hier ansässigen Rohstofffirmen", führt Maechler weiter aus. Aber indirekt sei die Nationalbank sicher betroffen von den Veränderungen an den globalen Rohstoff- und Energiemärkten. Geldpolitisch spüre die SNB die grössten Effekte des Ukraine-Krieges indirekt, via Finanzmärkte und dann über die daran gekoppelten wirtschaftlichen Effekte.

Der Franken dürfte in diesem Umfeld weiter aufwerten. Es herrsche an den Märkten nämlich eine stark negative Risikostimmung. "In solchen Phasen rückt der Franken als sicherer Hafen in den Fokus. In Krisenzeiten sucht man Sicherheit." Gefragt sei aber nicht nur der Franken. Auch der Yen und der Dollar sowie Gold und sichere Anlagen wie Staatsanleihen erführen derzeit eine höhere Nachfrage.

Währungssituation als Ganzes

Für die SNB sei ausserdem die Währungssituation als Ganzes relevant, nicht nur der Euro-Franken-Kurs. "Man darf den Kurs auch nicht isoliert betrachten", sagte Maechler. Die Schweiz habe eine deutlich tiefere Inflation als in anderen Währungsräumen, und diese Differenz führe dazu, dass die Wirtschaft auch mit dem stärkeren nominalen Frankenkurs leben könne. "Der reale Wechselkurs, das heisst inflationsbereinigt, hat sich nicht so stark verändert wie der nominale", führte sie aus. "Seit Beginn der Pandemie betrug die reale Aufwertung nur etwa 1 Prozent, die nominale 5 bis 6 Prozent."

Was die Inflation anbelangt, so sagte Maechler mit Blick nach vorne: "Weltweit erwarten wir in der mittleren Frist aber nach wie vor eine Normalisierung der Inflation - also einen Rückgang der Teuerung." Die Inflation sei jetzt nochmals gestiegen. Die Rohstoff-, aber auch die Nahrungsmittelpreise stiegen, und die Sanktionen führten zu erhöhten Kosten. Doch sei der Effekt wohl temporär.

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