Bern (awp) - Die Schweizerische Nationalbank (SNB) tastet die Zinsen nicht an und führt damit ihre sehr expansive Geldpolitik fort. Sie geht zudem davon aus, dass sich die Schweizer Wirtschaft rascher von der Coronakrise erholen wird als bisher angenommen.

Das Coronavirus präge auch mehr als ein Jahr nach Ausbruch der Pandemie die internationale Wirtschaftslage, teilte die SNB am Donnerstag im Rahmen ihrer geldpolitischen Lagebeurteilung mit. Vor diesem Hintergrund führe sie ihre expansive Geldpolitik unverändert fort.

Es gehe darum, die Preisstabilität zu sichern und die Erholung der Schweizer Wirtschaft von den Folgen der Corona-Pandemie weiter zu unterstützen.

Leitzins bleibt bei -0,75%

Konkret belässt die SNB ihren Leitzins sowie den Zins auf Sichtguthaben bei -0,75 Prozent. Sie betonte ausserdem ihre Absicht, bei Bedarf weiterhin am Devisenmarkt zu intervenieren. Dabei werde die gesamte Währungssituation berücksichtigt.

Denn die SNB sieht den Franken nach wie vor als "hoch bewertet" an. Bekanntlich hatte die SNB 2020 so stark interveniert wie noch nie seit Aufhebung des Mindestkurses im Jahr 2015. Gegen Ende des Jahres nahmen diese Interventionen aber ab und wurden laut Experten auch im laufenden Jahr nicht mehr im grossen Stil aufgenommen.

Zweite Welle weniger schlimm

Laut der SNB hat die zweite Pandemiewelle auch in der Schweiz zu Jahresbeginn zu einer Unterbrechung der wirtschaftlichen Erholung geführt, und das Bruttoinlandprodukt (BIP) sei im ersten Quartal erneut zurück gegangen. Es sei aber weitaus weniger stark geschrumpft als in der ersten Pandemiewelle im Frühling 2020.

Und nun gebe es deutliche Anzeichen für eine konjunkturelle Aufhellung - dank der Lockerungsmassnahmen und der wirtschaftlichen Erholung im Ausland. Für das zweite Quartal sei daher in der Schweiz mit einem starken BIP-Wachstum zu rechnen. Diese Erholung sollte sich laut den Währungshütern im zweiten Halbjahr fortsetzen.

Insgesamt erwartet die SNB für das laufende Jahr einen Anstieg des BIP um rund 3,5 Prozent. Im März hatte die Prognose noch auf 2,5 bis 3 Prozent gelautet.

Die Aufwärtsrevision gegenüber März sei allerdings hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass der Rückgang im ersten Quartal geringer ausgefallen sei als erwartet. Nun werde wohl bereits Mitte des Jahres das Vorkrisenniveau wieder erreicht. Die Produktionskapazitäten würden aber noch eine Weile unterausgelastet bleiben, betonte die SNB. Ohnehin unterliege diese Prognose wegen der Pandemie weiterhin einer erhöhten Unsicherheit.

Inflation höher gesehen

Die neue bedingte Inflationsprognose ist ebenfalls etwas höher als im März. Für 2021 geht die SNB neu von einer Inflation von 0,4 Prozent aus (alt: +0,2). Für 2022 werden nun 0,6 Prozent (alt: +0,4%) vorhergesagt und für 2023 0,6 Prozent (+0,5%).

"Wir gehen im jetzigen Zeitpunkt nicht davon aus, dass die globale Inflation mittelfristig stark ansteigen wird", sagte SNB-Präsident Thomas Jordan laut Redetext dazu. Es sei in den meisten Ländern mittelfristig nur mit einer moderaten Inflation zu rechnen.

Aktuell trieben jedoch teurere Erdölprodukte und verschiedene Einmaleffekte wie Preissteigerungen bei Waren, die von Lieferengpässen betroffen sind, das Preisniveau. Dieser Druck dürfte laut Jordan auch über die kommenden Monate spürbar bleiben, aber "in ein paar Quartalen" nicht mehr ins Gewicht fallen.

Höherer "Verwundbarkeit"

Wie üblich äussert sich die SNB auch zum Hypothekar- und Immobilienmarkt. Insgesamt habe dessen "Verwundbarkeit" weiter zugenommen. Es werde daher regelmässig geprüft, ob der antizyklische Kapitalpuffer reaktiviert werden müsse.

Dieser war im Zuge der Corona-Krise im Frühjahr 2020 aufgehoben worden, damit die hiesigen Banken mehr Liquidität erhalten und besser in der Lage sein würden, die Wirtschaft mit Krediten zu versorgen. Das Instrument war vor rund neun Jahren eingeführt worden und sollte die Risiken einer Immobilienblase eindämmen.

rw/uh