Bern (awp) - Die Schweizerische Nationalbank (SNB) tastet in der Corona-Krise die Zinsen nicht an und will weiterhin verstärkt am Devisenmarkt intervenieren. Über ihre Devisenkäufe zur Schwächung des Frankens will sie künftig öfter Rechenschaft ablegen.

Konkret belässt die SNB ihren Leitzins sowie den Zins auf Sichtguthaben bei minus 0,75 Prozent, wie sie am Donnerstag im Rahmen der geldpolitischen Lagebeurteilung mitteilte.

Seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses im Januar 2015 liegen die Leitzinsen auf diesem Niveau. Und sie sind in den Augen der SNB alternativlos. Denn die Schweizer Wirtschaft befinde sich nach dem historischen Einbruch im Frühjahr zwar wieder auf einem Aufwärtskurs. Dieser sei aber noch sehr fragil.

Viel Unsicherheit

Als potentielle "Abwärtsrisiken" nannte SNB-Präsident Thomas Jordan an einer Telefonkonferenz etwa eine zweite Welle an Coronavirus-Infektionen, möglicherweise gar verbunden mit einem weiteren "Lockdown".

Die Liste ist aber noch länger: Der Handelskonflikt zwischen den USA und China, die US-Präsidentschaftswahlen und der "Brexit" stehen ebenfalls darauf. Zudem bleibe abzuwarten, wie die Pandemie die Ausgabefreudigkeit der Konsumenten beeinflussen werde.

Dass die Währungshüter den BIP-Einbruch im laufenden Jahr "nur noch" auf rund 5 Prozent veranschlagen und damit seit der letzten Prognose etwas optimistischer geworden sind - wie andere Institute auch -, hat vor allem mit technischen Gründen zu tun. Das Minus im ersten Halbjahr sei nicht ganz so schlimm wie befürchtet ausgefallen.

Devisenmarkt-Interventionen

"Geldpolitik zu betreiben bleibt also sehr anspruchsvoll", resümierte Jordan. Dieser ist auch unverändert dazu bereit, "verstärkt" am Devisenmarkt zu intervenieren. So will die SNB den "anhaltend hoch" bewerteten Franken schwächen und die negativen Konsequenzen der Pandemie abfedern.

Die SNB hat in den letzten Jahren sehr viel Geld aufgeworfen, um am Devisenmarkt zu intervenieren. Im bisherigen "Spitzenjahr" 2015 kaufte die SNB nach Aufhebung des Euromindestkurses Devisen für 86,1 Milliarden Franken.

Die Beträge sanken danach bis auf 2,3 Milliarden Franken im Jahr 2018 und 13,2 Milliarden im Jahr 2019. Die Zahlen wurden jeweils im Frühjahr mit dem Geschäftsbericht publiziert.

Im "Coronajahr" hat die SNB dann wieder sehr stark am Devisenmarkt interveniert. Wie tief sie im ersten Halbjahr 2020 in die Taschen gegriffen hat, wird die Notenbank in wenigen Tagen Ende September beziffern. Denn die Schweizerische Nationalbank wird etwas transparenter: Neu werden die Volumen der Interventionen alle drei Monate genannt.

Ökonomen begrüssten den Schritt. Dass die SNB mehr Transparenz schaffe, sei als vertrauensbildende Massnahme anzusehen, hiess es.

15 Prozent des BIP

Die SNB war seit Ausbruch der Coronakrise auch stark darum bemüht, die Kredit- und Liquiditätsversorgung der Wirtschaft sicherzustellen. Offenbar mit Erfolg: "Wir haben keine Anzeichen für eine Kreditklemme in der Schweiz", sagte Jordan.

In der Folge hat die Notenbank-Geldmenge seit Ausbruch der Pandemie um mehr als 100 Milliarden Franken zugenommen. "Unsere Massnahmen zur Krisenbewältigung machen bisher also fast 15 Prozent des BIP der Schweiz aus", sagte der SNB-Präsident.

ra/rw