- von Alexander Hübner

München/Hongkong (Reuters) - Siltronic-Chef Christoph von Plotho muss für die geplante Übernahme des Münchner Chip-Zulieferers bei Investoren, Politikern und Kunden noch Überzeugungsarbeit leisten.

Er warb am Donnerstag für den 3,75 Milliarden Euro schweren Verkauf an den größeren Konkurrenten GlobalWafers aus Taiwan. "Wir haben den richtigen Partner gefunden", sagte von Plotho vor Analysten. Gemeinsam ließen sich künftige teure Investitionen in neue Fabriken für Wafer - Siliziumscheiben zur Chip-Produktion - besser stemmen. Die Übernahme sei für Mitarbeiter, Aktionäre und Kunden gut. Die Nummer drei und vier der Wafer-Branche könnten zusammen zum Weltmarktführer Shin-Etsu aus Japan aufschließen, der auf einen Marktanteil von 30 Prozent kommt.

Doch Analysten äußerten sich skeptisch, dass die Offerte aus Taiwan über 125 Euro je Aktie hoch genug ist, um neben Großaktionär Wacker Chemie genügend andere Siltronic-Anleger zu überzeugen. GlobalWafers will die Münchner nur dann übernehmen, wenn es ihr gelingt, 65 Prozent der Siltronic-Aktien einzusammeln. Die Annahmefrist soll noch im Dezember beginnen und fünf Wochen dauern. Bisher haben die Taiwaner nur die 30,8 Prozent von Wacker Chemie sicher. Der Familienkonzern hatte Siltronic 2015 an die Börse gebracht und seine Mehrheit wenig später abgegeben, weil ihm das Auf und Ab in der Wafer-Branche zu riskant war.

Die im MDax notierte Aktie stieg am Donnerstag um 3,6 Prozent auf 130 Euro - mehr, als die Siltronic-Aktionäre mit dem Verkauf und der für 2020 in Aussicht gestellten Dividende von zwei Euro bekommen. Offenbar spekulieren viele Anleger auf einen Aufschlag. 50 Prozent der verfügbaren Siltronic-Aktien hätten in den vergangenen zehn Tagen den Besitzer gewechselt, sagte Finanzchef Rainer Irle. "Da müssen wir noch das eine oder andere Gespräch führen", erklärte von Plotho in einer Pressekonferenz. Der Hedgefonds Argonaut etwa fordert mehr, weil die Offerte nur zehn Prozent über dem letzten Börsenkurs vor der Ankündigung liegt. Allerdings hatte die Aktie allein im November um fast die Hälfte angezogen.

Von Plotho hält die Hoffnungen auf ein schnelles Anziehen der Branchenkonjunktur für übertrieben: Die Aussichten seien nicht so rosig wie viele Analysten dächten. Höhere Preise seien erst nach 2021 zu erwarten, und die Stärke des Euro belaste Siltronic, weil mindestens zwei Drittel der Wafer in Dollar abgerechnet werden. GlobalWafers-Chefin Doris Hsu bezeichnete ihr Angebot im Gespräch mit Reuters als "sehr attraktiv".

"TECHNOLOGISCHES UPGRADE"

Die Taiwaner hätten beträchtliche Kostenvorteile durch das Zusammengehen in das Angebot eingerechnet, sagte von Plotho - ohne diese zu beziffern. In der Branche geht es vor allem um Größe; kleinere Anbieter kommen immer stärker unter Druck. Eine neue Fabrik zu bauen, verschlinge zwei Milliarden Euro, sagte der Siltronic-Chef. Von Plotho, der noch bis Ende 2023 an Bord bleiben will, verwies auf umfassende Zusagen von GlobalWafers: Die Standorte im bayerischen Burghausen und im sächsischen Freiberg seien gesichert, betriebsbedingte Kündigungen bis Ende 2024 ausgeschlossen. Auch die Marke Siltronic bleibe bestehen.

Hsu rechnete vor, dass der fusionierte Konzern 20 Fabriken in zehn Ländern haben werde. "Wenn die Plattform steht, bedeutet das für unsere Kunden ein technologisches Upgrade". Mit zusammen 10.500 Mitarbeitern setzen GlobalWafers und Siltronic rund 3,3 Milliarden Dollar um. Sie gehören zu den fünf Anbietern, die auch die pizzagroßen 30-Millimeter-Wafer produzieren können, die am wirtschaftlichsten sind. Bis auf Siltronic kommen alle großen Hersteller aus Asien. Angst vor politischem Widerstand gegen den Verkauf des letzten europäischen Anbieters hat von Plotho nicht. Gespräche habe es bisher aber nicht gegeben. Hsu sagte, sie sei "vorsichtig optimistisch", dass auch die Kartellbehörden zustimmten.