Von Rochelle Toplensky

LONDON (Dow Jones)--Siemens, ABB und Schneider Electric standen im vergangenen Jahrhundert im Mittelpunkt der Elektrifizierung der Gesellschaft. Im neuen Zeitalter der Elektrifizierung haben sie einen anderen Schwerpunkt: digitale Technologie. Das Trio, dessen Wurzeln bis ins 19. Jahrhundert zurückreichen, hat dabei geholfen, Europas Elektrizitätsinfrastruktur aufzubauen, von Kraftwerken bis hin zu Steckdosen. Wie General Electric (GE) in den USA stellte Siemens sogar Maschinen her, die an die Steckdose angeschlossen werden konnten. Alle drei europäischen Unternehmen haben sich jedoch von Hochspannungsübertragungsprojekten abgewandt, und das obwohl eine weitere Elektrifizierungswelle durch die Dekarbonisierung der Wirtschaft winkt.

Stattdessen konzentriert sich das Trio auf das seit langem propagierte industrielle Internet der Dinge: die Nutzung digitaler Technologien, um Gebäude, die industrielle Produktion und lokale Energiesysteme intelligenter und effizienter zu machen. Sie verfolgen "eine klare Strategie, sich vom Projektgeschäft zu verabschieden und sich auf das Produktgeschäft zu konzentrieren", hat Analyst Guillermo Peigneux Lojo von der UBS beobachtet. Das Produktgeschäft, zu dem Digitalisierung, Software und Dienstleistungen gehören, ist in der Regel mit einem höheren Wachstum und einer höheren Rentabilität verbunden.


   Konzerne haben Prognosen angehoben 

Alle drei Unternehmen haben bei Vorlage ihrer Quartalsergebnisse in den vergangenen Wochen ihre Umsatz- und Gewinnprognosen angehoben. Die Lieferketten waren angespannt, da sich die Nachfrage erholte und die Kunden Lagerbestände aufbauten. Aber sie waren in der Lage, die Preise zu erhöhen und die Gewinne trotz höherer Kosten für Rohstoffe, Komponenten und Transport zu steigern. Das Digitalisierungsgeschäft war in der Regel das profitabelste, mit Margen zwischen 17 Prozent und 21 Prozent beim Gewinn vor Zinsen, Steuern und Amortisationen (EBITDA).

Siemens hat sich seit Jahren verschlankt, um sich auf die digitale Technologie zu konzentrieren. Das Unternehmen verkaufte Vermögenswerte und gliederte Geschäftsbereiche wie den Medizingerätehersteller Healthineers und den Energieerzeuger Siemens Energy aus, behält aber Anteile an beiden Unternehmen. Auch das auf den Schienenverkehr fokussierte Mobilitätsgeschäft von Siemens war einst ein Kandidat für eine Ausgliederung, aber diese Pläne liegen vorerst auf Eis. Zu den verbliebenen Geschäftsfeldern gehört Digital Industries, das sich auf Fabrikautomation konzentriert, Smart Infrastructures und eine Finanzierungsgruppe.


  Aktien sind der Börse einen Aufschlag zu Benchmarks wert 

ABB befindet sich auf halbem Weg zu einer strategischen Neuausrichtung. Das Unternehmen hat sein Stromnetzgeschäft an Hitachi verkauft und hat noch mehr zu veräußern. Der Konzern ist aber bereits auf der Suche nach kleineren Unternehmen, die sein Angebot in den von ihm gewählten Schwerpunktbereichen - Elektrifizierung, Prozessautomation, Robotik und Motoren - vertiefen. Der an der Pariser Börse notierte Konkurrent Schneider Electric scheint bei der Umwandlung in ein digitales Technologieunternehmen am weitesten vorangekommen zu sein. Das Unternehmen ist auf der Suche nach ergänzenden Akquisitionen, hat jedoch seine strukturellen Arbeiten abgeschlossen und zwei Geschäftsfelder geschaffen: Energiemanagement und Industrieautomation.

Diese Schritte haben sich für die Anleger gelohnt. In den vergangenen zwei Jahren lagen die Renditen aller drei Aktien deutlich über denen der Stoxx-Europe-600-Benchmark. Schneider Electric wird zu einer etwas höheren Bewertung als ABB und Siemens gehandelt, was wahrscheinlich auf den strategischen Vorsprung des Unternehmens zurückzuführen ist. Im Gegensatz dazu waren die Renditen von GE im gleichen Zeitraum deutlich niedriger als die der Benchmark. Das Unternehmen muss noch Umstrukturierungsarbeiten umsetzen.


   Konjunkturprogramme dürften Konzernen in die Karten spielen 

Der Sektor dürfte in einer äußerst günstigen Position sein. Die Pandemie hat die bestehenden Trends in Richtung Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Elektrifizierung beschleunigt. Nun könnten der europäische "Green Deal", der "American Jobs Plan" und die US-Infrastrukturpläne ihnen weiteren Auftrieb geben. Auch wenn noch unklar ist, wohin die Mittel genau fließen, werden die Konjunkturpläne und die Zusammenarbeit zwischen dem privaten und dem öffentlichen Sektor das Wachstum in Branchen wie erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Gebäudeautomatisierung fördern, so Peigneux Lojo. Trends zur Dekarbonisierung, Elektrifizierung und Schaffung eines industriellen Internets der Dinge werden seit Jahren diskutiert, mit gemischten Ergebnissen. Zum Glück für Schneider Electric, ABB und Siemens könnte nun endlich ihre Zeit gekommen sein.

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

DJG/DJN/axw/sha

(END) Dow Jones Newswires

August 12, 2021 09:30 ET (13:30 GMT)