FRANKFURT (Dow Jones)--Siemens dürfte im Auftaktquartal geliefert haben, auch wenn die Zahlen im Vergleich mit dem starken Vorjahr wohl nicht mithalten können. Die Prognosen der Analysten für die Monate Oktober bis Dezember decken sich weitgehend mit dem jüngsten Erwartungsmanagement, das Finanzchef Ralf Thomas seit geraumer Zeit regelmäßig für drei Monate im Voraus zu den einzelnen Industriegeschäften des Konzerns betreibt. Allerdings hat zwischenzeitlich die vollkonsolidierte Medizintechniktochter Healthineers, und das ist in den Konsensschätzungen nicht berücksichtigt, unerwartet schwache Zahlen abgeliefert. Healthineers steht für immerhin rund 30 Prozent der Umsätze des Mutterkonzerns.


Siemens legt am frühen Donnerstagmorgen die Zahlen vor. Um 10 Uhr folgt die virtuelle Hauptversammlung.


Darauf werden Anleger achten:


ZAHLEN: Analysten trauen Siemens im Dezemberquartal erneut starkes Wachstum zu, rechnen jedoch zugleich mit einem zweistelligen Minus bei den Auftragseingängen. Das dürfte überwiegend dem Geschäftsbereich Bahntechnik geschuldet sein, wo die Orderentwicklung immer schwankend ist. So werden die Einzelkontrakte zu einem vereinbarten großvolumigen Rahmenvertrag in Ägypten, wo Siemens ein Schnellzugsystem aufbauen soll, erst in der zweiten Jahreshälfte gebucht. Auch im wichtigen Automatisierungsgeschäft dürfte das Neugeschäft gesunken sein. Allerdings lag der Bestand zuletzt so hoch, dass Siemens 45 Milliarden Euro bereits in der Tasche hat. Ergebnisseitig erwarten die Experten ein um 10 Prozent schwächeres Niveau als im Vorjahr.


PROGNOSE: Mit Blick nach vorn sind Analysten derzeit skeptisch, ob der Technologieriese seine erst im November verkündete Jahresprognose erfüllen kann. Das dürfte daran liegen, dass Finanzchef Thomas sie selbst als "ambitioniert" bezeichnet hat. Angepeilt wird etwa ein Gewinn je Aktie vor Effekten aus der Kaufpreisallokation zwischen 8,70 und 9,20 Euro. Dieses Ziel, so Thomas, hänge vollständig von der guten operativen Entwicklung ab. Im Vorjahr konnten Sondergewinne aus dem Verkauf von Randgeschäften unerwartete Belastungen im Gesamtvolumen von 4 Milliarden Euro wenigstens teilweise ausgleichen, etwa für die Einstellung des Russlandgeschäfts und eine Wertminderung auf die Beteiligung an Siemens Energy AG. Und deshalb ruhen die Hoffnungen auf dem Automatisierungsgeschäft, in dem Siemens weltweit führend ist.

Wichtig ist überdies, in welchem Maße die Bahntechniksparte Mobility das fehlende Russlandgeschäft ersetzen kann. Bei der UBS will man wissen, wie sich die neue Covid-Politik von China auf das Ergebnis auswirkt. Und einmal mehr dürften Lieferketten und Kosteninflation im Blick stehen.


HAUPTVERSAMMLUNG: Mit drei neuen Frauen im Aufsichtsrat, darunter auch Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz, will Siemens Geschlechterparität im Aufsichtsgremium schaffen. Das dürfte kein streitiges Thema sei. Emotionaler dürfte es bei der Frage zugehen, ob es beim virtuellen Format bleiben soll, in dem Siemens seine Aktionärstreffen seit 2021 abhält. Der Beschlussvorschlag, dem Vorstand diese Entscheidung in den nächsten zwei Jahren zu überlassen, wird aber dennoch wohl durchgehen.


Die Aktie des Unternehmens ist im DAX gelistet. Nachfolgend eine Auswertung der Prognosen von Analysten zum ersten Quartal und für das Gesamtjahr 2022/23:


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.                                PROG  PROG  PROG 
1. QUARTAL                    1Q22/23  ggVj  Zahl  1Q21/22 
Auftragseingang                20.839  -14%    16   24.209 
Umsatz                         18.131  +10%    19   16.497 
Vergleichbares Umsatzwachstum     6,5    --    12      8,9 
Ergebnis nach Steuern           1.608  -10%    19    1.796 
Ergebnis je Aktie                1,83  -11%    19     2,06 
Ergebnis je Aktie vor PPA        2,02  -10%    19     2,24 
 
- Auftragseingang 
Digital Industries              5.779  -19%    16    7.110 
Smart Infrastructure            5.203   +5%    16    4.938 
Mobility                        2.884  -46%    16    5.390 
Industrielles Geschäft         19.925  -15%    16   23.314 
 
- Vergleichbares Umsatzwachstum 
Digital Industries               12,4    --    18     11,4 
Smart Infrastructure             10,8    --    18      6,2 
Mobility                          5,6    --    18      7,3 
Industrielles Geschäft            6,8    --    17      8,8 
 
- Ergebnis 
Digital Industries              1.007   +6%    19      947 
Smart Infrastructure              576  +20%    19      480 
Mobility                          208   -7%    19      224 
Industrielles Geschäft          2.499   +2%    19    2.460 
 
- Ergebnismarge 
Digital Industries               19,8    --    19     21,8 
Smart Infrastructure             13,0    --    19     12,6 
Mobility                          8,2    --    19      9,3 
Industrielles Geschäft           14,4    --    19     15,7 
 
.                                PROG  PROG  PROG 
GESCHÄFTSJAHR                 Gj22/23  ggVj  Zahl  Gj21/22 
Auftragseingang                83.889   -6%    16   89.010 
Umsatz                         76.230   +6%    19   71.977 
Vergleichbares Umsatzwachstum     6,0    --    12      8,2 
Ergebnis nach Steuern           6.879  +57%    19    4.392 
Ergebnis je Aktie                7,85  +69%    19     4,65 
Ergebnis je Aktie vor PPA        8,64  +58%    19     5,47 
Dividende je Aktie               4,42   +4%    18     4,25 
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ERLÄUTERUNGEN:

- Angaben in den Tabellen in Millionen Euro, Ergebnis je Aktie und Dividende in Euro, Umsatzwachstum und Margen in Prozent

- Bilanzierung nach IFRS

- Quellen: Angaben des Unternehmens. Prognose für Dividende von S&P Global Intelligence.

- Stand der Prognosen: 23. Januar 2023, für Dividende 2. Februar 2023.

- ggVj = Veränderung in Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum

- das Geschäftsjahr läuft vom 1. Oktober bis 30. September

- alle Angaben ohne Gewähr

Kontakt zum Autor: olaf.ridder@wsj.com

DJG/rio/kla

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February 06, 2023 09:00 ET (14:00 GMT)