Frankfurt (Reuters) - Europas Anleger bleiben angesichts ungewisser Aussichten für Aktien auf der Bremse.
Nach den jüngsten Kursverlusten stabilisierten sich Dax und EuroStoxx50 am Mittwoch aber zumindest: der deutsche Leitindex trat bis zum Nachmittag bei 15.258 Punkten auf der Stelle, sein europäisches Pendant zog um 0,3 Prozent auf 4138 Zähler an. Eine Entspannung bei den zuletzt rasant gestiegenen Anleiherenditen stützte die Kurse an der Wall Street vorbörslich etwas.
Als bleibende Belastungsfaktoren zählten Börsianer jedoch die hohe Inflation gepaart mit der Angst vor weiter steigenden Zinsen sowie die unsicheren Zukunftsaussichten für die Wirtschaft auf. Dies untermauerten auch die GfK-Konsumforscher, die für Oktober einen Rückgang ihres Barometers um 0,9 auf minus 26,5 Punkte voraussagten und damit pessimistischer waren als erwartet. "Damit dürften die Chancen auf eine Erholung der Konsumstimmung noch in diesem Jahr auf Null gesunken sein", sagte GfK-Fachmann Rolf Bürkl. "Der Stachel der Verunsicherung sitzt extrem tief", konstatierte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe.
CHINA-SORGEN UND MÖGLICHER SHUTDOWN BELASTEN
Dazu trägt auch die schwelende Immobilienkrise in China bei, in deren Zentrum der hochverschuldete Bauträger China Evergrande steht. Weitere Zweifel am Fortbestand des weltweit am höchsten verschuldeten Immobilien-Entwicklers schürte am Mittwoch ein Bericht der Agentur Bloomberg, demzufolge der Chef Hui Ka Yan unter polizeiliche Überwachung gestellt worden sei. Evergrande-Aktien büßten erneut rund 19 Prozent ein. Auch ein möglicher Regierungsstillstand in den USA macht die Investoren nervös. "Es stehen möglicherweise unsichere Zeiten bevor, und wie das alte Sprichwort sagt, hassen die Märkte Unsicherheit", sagte Oanda-Marktanalyst Craig Erlam.
Am Ölmarkt nahmen wieder die Spekulationen auf ein verknapptes Angebot überhand. Im Zuge dessen verteuerte sich die Nordsee-Sorte Brent um 1,7 Prozent auf 95,54 Dollar je Fass. US-Leichtöl WTI zog um 2,1 Prozent auf 92,35 Dollar an. Anleger sorgen sich, dass die US-Rohölvorräte am wichtigsten Lagerzentrum in Cushing, Oklahoma, unter das Mindestbetriebsniveau fallen könnten. Das würde die Angebotsknappheit verschärfen, die auf Förderkürzungen durch die Organisation erdölexportierender Länder und ihrer Verbündeten zurückzuführen ist.
Unsicher waren Anleger auch, welche finanziellen Folgen ein Gerichtsurteil für den größten niederländischen Versicherer NN haben könnte. Ein Berufungsgericht hatte in einem Verfahren zu fondsgebundenen Versicherungen, die in den 1990er und 2000er Jahren verkauft wurden, gegen die Firma entschieden. NN-Aktien stürzten in Amsterdam um rund 16 Prozent auf den tiefsten Stand seit knapp drei Jahren ab. Auch die Titel des Rivalen ASR gaben mehr als zehn Prozent nach.
Rosiger waren dagegen die Aussichten bei H&M. Ein überraschend hoher Quartalsgewinn ließ Anleger die rückläufigen Umsätze des schwedischen Modehändlers im September vergessen. Die Titel lagen rund vier Prozent höher. An die Dax-Spitze schafften es Siemens mit einem Kursgewinn von 4,2 Prozent und notierten mit 135,32 Euro so hoch wie seit knapp neun Monaten nicht mehr. Händler erklärten den Kurssprung damit, dass Siemens während eines Telefonates mit Analysten der US-Bank JP Morgan offenbar keine Änderung an seinen Prognosen vorgenommen habe. Am Markt sei zuvor eine Warnung oder etwas Negatives zum Ausblick erwartet worden, sagte ein Händler.
(Bericht von Anika Ross, Stefanie Geiger, redigiert von Kerstin Dörr. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)