PARIS (dpa-AFX) - Der Trend zur Digitalisierung, hin zum Standard "Industrie 4.0", eröffnet Siemens nach Ansicht der französischen Investmentbank Exane BNP Paribas enorme Chancen. Dank der Sparte Digital Factory dürfte der Industriekonzern vom Trend zur Verschmelzung von Produktion und IT-Technik (Industrie 4.0) profitieren, schrieb Analyst Jonathan Mounsey in seiner aktuellen Studie und stufte die Aktie von "Neutral" auf "Outperform" hoch. Das Kursziel hob er zugleich von 116 auf 135 Euro an und sieht es in seinem bestmöglichen Szenario sogar bis auf 160 Euro steigen. Das Kurspotenzial beträgt damit aktuell rund 11 Prozent und im besten Falle knapp 32 Prozent.

Das sogenannte "Industrielle Internet der Dinge" (IIoT oder auch Industrie-IoT) sei inzwischen zunehmend präsent. Während sich Unternehmen im Jahr 2014 zu einem solchen industriellen Konzept, das die betriebliche Effektivität etwa durch die intelligente Vernetzung von Maschinen verbessern soll, kaum geäußert hätten, habe sich dies 2016 deutlich gewandelt. Siemens habe die Chance, von dieser Entwicklung besonders zu profitieren, da die digitale Strategie für das Unternehmen "bahnbrechend" sein könnte.

Infolge von Zukäufen und internen Entwicklungen habe Siemens die Sparte Digital Factory zu etwas Einzigartigem transformiert, schrieb der Experte. Diese sei nun gut aufgestellt, um am Wandel hin zum IIoT und in der Fertigungsindustrie vor allem am Trend in Richtung Industriestandard 4.0 teilzuhaben.

Dabei komme dem cloudbasierten, offenen Betriebssystem MindSphere von Siemens eine wegweisende Rolle bei der Verbesserung der Interoperabilität (zB. Zusammenarbeit von Systemen und Techniken) zu. Da eine bessere Interoperabilität wiederum vor allem durch einheitliche Standards verbessert werden könne, habe unter den verschiedenen Betriebssystemen mittlerweile der Kampf um die Vorherrschaft begonnen, schrieb der Exane-Analyst und verwies etwa auf General Electric und seine Predix-Platform.

Aktuell rechnet er damit, dass - angetrieben durch die Nachfrage nach Industrieautomationssoftware - allein die Siemens-Sparte Digital Factory bis 2020 jährlich um 5 Prozent wachsen wird. Zudem erwartet er Marktanteilsgewinne, da die Sparte einzigartig sei mit ihrem Angebot an Komplettlösungen aus einer Hand. Das könnte zunehmend attraktiver werden für Kunden, die ihre Fertigungssoftware in die Cloud auslagern wollten. Zusammen mit dem Wachstumspotenzial von MindSphere dürfte Digital Factory durchschnittlich pro Jahr um 10 Prozent wachsen und der Vorsteuergewinn sogar um 17 Prozent jährlich.

Sollte es bei Siemens allerdings wie einst beim IT-Konzern Apple laufen, dem mit seinem iPhone, dem Betriebssystem IOS und dem App-Store-Geschäft ein Coup gelungen sei, erscheine seine Bewertung für die Siemens-Aktie extrem gering. In einem solchen "Blue-Sky-Szenario" dürfte die Sparte Digital Factory laut Mounsey mit etwa 55 Milliarden Euro bewertet werden, was sich in zusätzlichen 25 Euro auf sein Kursziel auswirke, das folglich dann bis auf 160 Euro steigen könnte.

Mit der Einstufung "Outperform" rechnet Exane BNP Paribas damit, dass sich die Aktie in den kommenden zwölf Monaten besser als der Sektor entwickeln wird./ck/ees/he

Analysierendes Institut Exane BNP Paribas.