Von Jennifer Hiller und Katherine Blunt

HOUSTON (Dow Jones)--Der Bedarf an erneuerbaren Energien ist weltweit größer denn je, aber das schlägt sich nicht in hohen Gewinnen für einige jener Firmen nieder, die den Nachfrageboom mit ihren Anlagen befriedigen. Im Gegenteil: Die führenden Hersteller von Windturbinen kämpfen mit sinkenden Ergebnissen, weil steigende Rohstoffkosten, Probleme beim Transport der riesigen Maschinen und Unwägbarkeiten zur Zukunft der Subventionen für Windenergie in den USA ihr Geschäft belasten.

Siemens Gamesa Renewable Energy aus Spanien und Vestas Wind Systems aus Dänemark, zwei der weltweit führenden Hersteller, haben ihre Gewinnprognosen deshalb für das laufende Jahr bereits gesenkt. Der US-Konzern General Electric, der ebenfalls zu den Branchengrößen zählt, meldete zwar bisher mehr verkaufte Turbinen als im Vorjahr, verdiente in diesem Geschäftssegment 2021 bislang aber noch kein Geld.

Weltweit hat die Erzeugung von Windstrom zugenommen. Die Ausbeutung der unerschöpflichen Energiequelle ist gegenüber fossilen Energiequellen wie Kohle und Erdgas wirtschaftlich wettbewerbsfähig geworden. Allerorten setzen Regierungen auf Windparks, um dem menschengemachten Klimawandel entgegen zu wirken.

Nach Schätzungen des Beratungs- und Datenanbieters Wood Mackenzie wird sich die Nachfrage nach Turbinen in diesem Jahrzehnt gegenüber der vorangegangenen Dekade in etwa verdoppeln. Zugleich stehen die Produzenten der immer größeren und leistungsstärkeren Turbinen vor einer Reihe von Herausforderungen. Dies gilt sowohl für die Herstellung als auch den Transport der teils riesigen Anlagen, deren Rotorblätter allein inzwischen mehr als 100 Fuß in der Länge ausmachen.

Eine Vervierfachung bei den Transportkosten sowie Kostensteigerungen bei Stahl, Kupfer, Aluminium und Kohlefasern werden die Preise für Windturbinen in den nächsten 12 bis 18 Monaten wahrscheinlich um 10 Prozent in die Höhe treiben, schätzt man bei Wood Mackenzie.


 Häfen sind derzeit überlastet 

"Es gibt eine logistische Herausforderung in den großen Häfen der Welt aufgrund der Covid-19-Lockdowns", sagte Vestas-Chef Henrik Andersen. "Unsere fertigen Anlagen werden von sehr vielen Containerschiffen und Spezialschiffen transportieren. Zunehmend stecken diese in Warteschlangen und bekommen keinen Zugang zu den Häfen."

Die Preise für Rohstoffe, die für den Bau von Windturbinen benötigt werden, begannen Mitte 2020 zu steigen, als viele der pandemischen Beschränkungen aufgehoben wurden. Die erhöhten Kosten werden wahrscheinlich anhalten, schätzt Andersen. Die Logistikpreise dürften irgendwann wieder sinken, Vestas rechnet nach seinen Worten mit einer Entspannung nach Anfang 2022. Die aktuellen Belastungen haben den Wert der Vestas-Aktie in diesem Jahr um rund 15 Prozent geschmälert.

Für die erhöhten Logistikkosten sind auch die in diesem Jahr gestiegenen Ölpreise verantwortlich, zudem werden die Windanlagen immer größer und damit komplexer zu transportieren, sagte David Sale, Geschäftsführer von Goldwind Americas, der nordamerikanischen Tochtergesellschaft des staatlichen chinesischen Turbinenherstellers Xinjiang Goldwind Science & Technology.

"Während wir die Grenzen beim Transport immer weiter verschieben, ist die Spezialausrüstung, die für den Transport der Maschinen erforderlich ist, nicht im Überfluss vorhanden", so Sale.

Unklar ist bisher, und auch dies ein belastender Faktor für die Turbinenhersteller, ob und wie die Regierung von US-Präsident Joe Biden das bisherige System von Steuergutschriften für die Entwicklung der Windenergie in den USA verlängern wird, das ansonsten in diesem Jahr ausläuft. Erwogen wird eine Verlängerung als Teil eines 3,5 Billionen Dollar schweren Haushaltsbereinigungsgesetzes, das eine Reihe von Ausgabenmaßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energien vorsieht, zwar durchaus.

Da die Details der künftigen Subventionen für den wichtigen US-Wachstumsmarkt aber noch im Fluss sind, ist für einige Kunden derzeit unklar, ob sie neue Turbinen jetzt bestellen oder ob sie lieber abwarten sollten, dass die Politik neben den wahrscheinlich sinkenden Transportkosten eine Anschaffung in naher Zukunft nicht viel attraktiver machen, sagen Analysten und die betroffenen Unternehmen gleichermaßen.


 Unklarheiten in der US-Politik machen die Sache nicht einfacher 

Abby Watson, die Leiterin der Abteilung für politische Fragen bei Siemens Gamesa in Nordamerika, ist nach eigenem Bekunden optimistisch, dass die Branche bis zum Jahresende ein klareres und zugleich langfristigeres Bild von der US-Energiepolitik haben wird. Dies würde helfen, die Produktion besser zu planen, sagte sie, ohne dass anschließend Volumenanpassungen nötig sind.

"Wenn wir über den Preisdruck sprechen, mit dem wir alle zu kämpfen haben, ist ein nicht unerheblicher Teil davon die Inkonsistenz der Politik", so Watson.

Siemens Gamesa, dessen Börsenwert in diesem Jahr um etwa ein Viertel eingebrochen ist, reagiert mit höheren Preisen für Neuanlagen und hat weitere Maßnahmen ergriffen, um den Anstieg der Rohstoffkosten auszugleichen. Zwar hat der Konzern gewarnt, dass die Probleme in naher Zukunft wahrscheinlich bleiben werden, doch wird ein starkes Wachstum in den kommenden Jahren prognostiziert, weil Regierungen weltweit neue Klimaziele festlegen.

Bei General Electric heißt es, man erwarte in naher Zukunft einen Rückgang des US-Marktes für Windkraftanlagen an Land, bevor er sich stabilisiere. Ein Grund sei, dass die mögliche Verlängerung der Steuergutschriften für Windkraftanlagen die Entwickler von Windparks dazu veranlassen könnte, ihre Investitionsentscheidungen um Jahre hinauszuschieben.

Langfristig rechnet GE aber mit Wachstum in der Windindustrie und zwar weltweit. Die Turbinentechnologie werde gegenüber anderen Formen der Energieerzeugung immer wettbewerbsfähiger und die politischen Rahmenbedingungen zugleich immer günstiger.

Vorerst müssen die Turbinenhersteller aber höhere Logistikkosten stemmen, sagte Deepa Venkateswaran, Senior Analystin für erneuerbare Energien bei Bernstein Research. Die Festpreisverträge für neue Windräder enthielten in der Regel zwar eine Marge für die Inflation, so Venkateswaran, aber dieses Mal reiche der Puffer nicht aus, um sie auszugleichen.

"Die Engpässe können nicht sofort weitergegeben werden", sagte Venkateswaran.

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August 23, 2021 08:33 ET (12:33 GMT)