Von Olaf Ridder

FRANKFURT (Dow Jones)--Siemens-Energy-Vorstandschef Christian Bruch sieht keinen Grund für einen Ausstieg aus dem Geschäft mit Windkraftanlagen an Land. Das lang laufende Service-Geschäft komme weitgehend aus dem Onshore-Bereich, sagte Bruch in einer Telefonpressekonferenz. Auch gebe es Synergien mit dem Offshore-Geschäft. Bei der Fertigung von Gondeln oder Rotorblättern etwa seien hohe Stückzahlen hilfreich. Deshalb gehörten Offshore und Onshore zusammen.

Das zukunftsträchtige Windkraftgeschäft von Siemens Energy ist bei der spanischen Tochtergesellschaft Siemens Gamesa gebündelt. Nach Problemen beim Hochlauf einer neuen Onshore-Turbine und wegen gestiegener Rohstoffkosten im Projektgeschäft - vor allem in Brasilien - musste Siemens Gamesa kürzlich Rückstellungen von 229 Millionen Euro für drohende Verluste bilden, die am Ende auch das Ergebnis des Mutterkonzerns verhagelten. Während Siemens Gamesa im Offshore-Geschäft mit mehr als 50 Prozent Marktanteil führend ist, liegt das Unternehmen im Onshore-Geschäft nicht mehr in der Spitzengruppe. Schon seit Jahren gibt es dort immer wieder Probleme.

Bruch sieht das Siemens-Gamesa-Führungsteam um CEO Andreas Nauen nun in der Pflicht, mit mehr Druck dafür zu sorgen, dass die Transparenz und Vorhersagbarkeit im Projektgeschäft besser wird. Es sei im laufenden Turnaround-Prozess "extrem ärgerlich", dass es zu einem derartig "herben Rückschlag" gekommen sei, sagte er. Die Führung habe nach intensiven Gesprächen verstanden, dass die Probleme nun sehr dringlich gelöst werden müssten, sagte Finanzchefin Maria Ferraro.

Von einer Auswechslung der Führung hält Bruch derzeit nichts. Das Management sei in den vergangenen zwölf Monaten komplett erneuert worden, nun müsse es auch die nötigen Veränderungen durchsetzen. Zur Frage einer vollständigen Übernahme von Siemens Gamesa hielt sich Bruch bedeckt. Das Thema habe nicht oberste Priorität, sagte er lediglich. Siemens Energy hält knapp 67,1 Prozent der Anteile und kann nicht vollständig durchregieren.

Bruch nannte als ein Problem, dass die Materialkosteneffekte bei Gamesa bislang nicht ausreichend schnell berücksichtigt worden seien. Dies sei aber adressiert. Stahl und Kupfer sind zuletzt deutlich teurer geworden; beim Stahlpreis sind Absicherungen nicht möglich. Überdies sei die von den Regierungen weltweit gewünschte Lokalisierung der Produktion ein Kostentreiber. Es könne bei kleinen Märkten nicht immer ein Werk vor Ort gebaut werden, sagte Bruch.

Und schließlich kündigte Bruch indirekt auch an, den ruinösen Preiswettbewerb im Onshore-Geschäft beenden zu wollen. "Wenn wir einen schnelleren Ausbau der Erneuerbaren Energien wollen, dann wird das auf die Preise gehen", sagte er. Darüber müsse man mit den Kunden sprechen.

Dass es zu weiteren Verlustrückstellungen kommen könnte, über die jetzt vor allem in Brasilien vorgenommenen hinaus, wollte der Vorstandschef nicht ausschließen. Derzeit werde bei Gamesa alles überprüft. Es gehe darum, das Problem zu verstehen. Finanzchefin Maria Ferraro betonte auf Nachfrage ausdrücklich, die Bestätigung der Mittelfristziele im Konzern gelte für den jetzigen Zeitpunkt.

Kontakt zum Autor: olaf.ridder@wsj.com

DJG/rio/sha

(END) Dow Jones Newswires

August 04, 2021 04:43 ET (08:43 GMT)