Der Dax-Konzern rechnet nicht mehr damit, dass der Verlust im laufenden Geschäftsjahr reduziert werden kann. Grund seien Belastungen bei Siemens Gamesa durch unerwartet hohe Garantie- und Wartungskosten, teilte das Unternehmen am Donnerstagabend mit. Im Zuge der Evaluierung habe Siemens Gamesa eine "negative Entwicklung der Ausfallraten bei bestimmten Komponenten" festgestellt. "Die Probleme bei Gamesa hören nicht auf und lasten operativ auf der Gruppe und ihrer Profitabilität", sagte ein Händler.

Unter dem Strich werde im laufenden Geschäftsjahr ein Verlust auf Vorjahresniveau erwartet, teilte Siemens Energy mit. 2022 lag das Minus bei 647 Millionen Euro. Die Gewinnmarge vor Sondereffekten dürfte im Geschäftsjahr bis Ende September nun in einer Bandbreite von einem bis zu drei Prozent liegen, zuvor war der Konzern von zwei bis vier Prozent ausgegangen. Das vergleichbare Umsatzwachstum - also ohne Wechselkurs- und Portfolioeffekte - solle weiterhin drei bis sieben Prozent betragen. Die Aktien von Siemens Energy gaben bis zu 3,4 Prozent nach und gehörten damit zu den schwächsten Werten im Dax.

Allein im ersten Quartal lag der Verlust bei Siemens Energy bei 384 Millionen Euro - vom Unternehmen befragte Analysten hatten lediglich mit einem Minus von 32 Millionen Euro gerechnet. Siemens Gamesa fuhr dabei ein Minus vor Sondereffekten von 760 Millionen Euro ein. In den anderen Geschäftsbereichen übertrafen die Ergebnisse dagegen die Analystenprognosen. Der Umsatz von Siemens Energy lag mit gut sieben Milliarden Euro ebenfalls höher als Experten erwartet hatten.

PROBLEME BETREFFEN AUCH OFFSHORE-ANLAGEN

Siemens-Gamesa-Chef Jochen Eickholt sagte bei einer Analystenkonferenz, die Probleme seien bei einer "breiten Mischung von Komponenten mit Auswirkungen auf eine Vielzahl von Plattformen" aufgetreten. Betroffen seien sowohl Onshore- als auch Offshore-Turbinen. Zuletzt hatten insbesondere Qualitätsprobleme bei Onshore-Turbinen dem Unternehmen zu schaffen gemacht. Finanzchefin Beatriz Puente sagte, die nun aufgetretenen Schwierigkeiten dürften den Barmittelfluss bis zu acht Jahre lang belasten. Zugleich zeigte sich Eickholt aber zuversichtlich, dass künftig weniger Probleme bei Qualitäts-Prüfungen auftauchten.

Eickholt gilt als ausgewiesener Sanierer und steht seit vergangenem Jahr an der Spitze der seit langem kriselnden Windkrafttochter. Er hatte ein Strategieprogramm mit dem Namen "Mistral" - benannt nach einem kalten Nordwestwind in Frankreich - aufgelegt, das Siemens Gamesa mit einfacheren und schlankeren Strukturen langfristig in die Gewinnzone zurückführen soll. Geplant ist dabei auch der Abbau von Tausenden Stellen. Siemens Energy hält derzeit 92,72 Prozent an dem spanischen Unternehmen und will es von der Börse nehmen. Dieser Schritt soll künftig für weniger Reibungen sorgen. Zudem erhofft sich Siemens Energy jährliche Einsparungen von von rund 300 Millionen Euro. Die Aktionäre sollen am 25. Januar über den Schritt abstimmen.

(Bericht von Christina Amann und Christoph Steitz, unter Mitarbeit von Birgit Mittwollen, redigiert von Myria Mildenberger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter Berlin.Newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder Frankfurt.Newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)