- von Tom Käckenhoff und Rene Wagner

Düsseldorf/Berlin (Reuters) - In Industrie und Mittelstand mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Wirtschaft in absehbarer Zeit wieder ein Niveau wie vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie erreicht.

"Für die Industrieproduktion erwarten wir ein kräftiges Plus von acht Prozent gegenüber dem Vorjahr", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, am Montag anlässlich der Eröffnung der Hannover Messe. Die Industrie sei derzeit der Stabilitätsanker der deutschen Wirtschaft. Die Auftragseingänge lägen bereits über Vorjahres- und sogar Vorkrisen-Niveau. 2020 war die Produktion um 9,8 Prozent zurückgegangen.

Wegen des anhaltenden Lockdowns rechne der BDI für dieses Jahr aber nun nur noch mit Plus beim Bruttoinlandsprodukt von drei Prozent. Damit kappt die Industrie die Prognose vom Jahresbeginn um einen halben Prozentpunkt. Voraussetzung sei, dass die pandemiebedingten Einschränkungen bis zum frühen Herbst weitestgehend zurückgefahren werden und dass das verarbeitende Gewerbe von keinen weiteren Auflagen betroffen ist. Die Exporte sollten sich mit einem Zuwachs von 8,5 Prozent erfreulich gut entwickeln, sagte Russwurm. Bisher war der BDI von sechs Prozent ausgegangen, 2020 waren die Ausfuhren um 9,3 Prozent gefallen. "Deutschland ist ein Industrieland, und Deutschland ist ein Exportland. Das ist unser Markenzeichen, dabei muss es bleiben - und das gelingt in diesem Jahr", kündigte der BDI-Präsident an.

ZVEI: TRANSPORTKAPAZITÄTEN WERDEN KNAPP

Der überwiegend mittelständisch geprägte deutsche Maschinenbau sieht ebenfalls die Talsohle hinter sich. Zum zweiten Mal binnen weniger Monate schraubten er seine Produktionsprognose für 2021 nach oben. "Wir erhöhen unsere bisherige Prognose um drei Prozentpunkte und erwarten nun für 2021 ein reales Produktionswachstum von sieben Prozent", sagte der Präsident des Branchenverbandes VDMA, Karl Haeusgen. Vor allem die Aussichten für weiteres Wachstum in China und anderen asiatischen Ländern sowie den USA seien gut. Im Dezember hatten die Hersteller den Ausblick bereits von zwei auf vier Prozent angehoben. Die Branche, zu der auch börsennotierte Konzerne wie Siemens oder Thyssenkrupp gehören, gilt mit gut einer Million Beschäftigten und einem Umsatz von über 200 Milliarden Euro als Rückgrat der deutschen Wirtschaft.

Bei aller Freude über die Erholung der Nachfrage bereitet den Unternehmen die Gefahr von Lieferengpässen zunehmend Sorge. Es gebe Engpässe bei der Beschaffung von Vorleistungen, sagte der Präsident des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI), Gunther Kegel. "Lieferschwierigkeiten gebe es unter anderem bei Mikrochips, Kunststoffen, Stahl und Kupfer. "Knappe Transportkapazitäten führen zu deutlich höheren Kosten bei gleichzeitig längeren Lieferzeiten." Der Verband erwartet gleichwohl 2021 ein Wachstum der Produktion um fünf Prozent.