DARMSTADT (awp international) - Die Software AG hat sich zum Jahresschluss beim Wachstum ordentlich geschlagen und ihre eigenen Ziele noch erfüllt - doch die im neune Jahr angestrebten Gewinne bleiben deutlich hinter den Erwartungen zurück. Darum hat Vorstandschef Sanjay Brahmawar dem Konzern ein Sparprogramm verordnet, dem auch Jobs zum Opfer fallen werden. Die Nachfrage nach der eigenen Software zur Nutzung über das Netz aus der Cloud läuft den Worten des Chefs zufolge besser als selbst gedacht - hier soll jetzt verstärkt investiert werden, um die Angebote weiter zu pushen, was Geld kostet. Die Aktie der Darmstädter sackte auf ein neues Tief seit Mitte November.

Das im MDax notierte Papier verlor am Mittwochvormittag fast 13 Prozent auf 22,26 Euro. Im Herbst 2021 war der Schein auf einem Hoch noch fast doppelt so viel wert gewesen. JPMorgan-Analyst Toby Ogg sieht mit dem Ausblick der Darmstädter Korrekturbedarf für die Markterwartungen an die operative Marge und den freien Barmittelzufluss. Sven Merkt von Barclays verwies darauf, dass die Aussichten für 2023 deutlich unter denen liegen, die vom Unternehmen einst mittelfristig avisiert waren.

Brahmawar und die neue Finanzchefin Daniela Bünger haben die Ziele für die Profitabilität für das neue Jahr niedrig angesetzt. Um Sondereffekte bereinigt sowie vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen dürften vom Umsatz zwischen 16 und 18 Prozent als operativer Gewinn übrigbleiben. Das sind weniger als im Vorjahr mit 18,6 Prozent und auch spürbar weniger als von Experten geschätzt. Bevor die Software AG vergangenes Jahr das Unternehmen Streamsets zukaufte, hatte Brahmawar in der Mittelfristplanung für 2023 sogar einmal 25 bis 30 Prozent Marge in Aussicht gestellt.

Bramawar begründete die Vorsicht bei den Zielen mit anziehenden Bestellungen der Kunden für Software zur Nutzung aus der Cloud (SaaS -Software as a service). "Im vergangenen Jahr hat sich die Nachfrage nach SaaS-Verträgen deutlich beschleunigt, und das wirkt zunächst margensenkend", sagte der Belgier im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. Die Verträge werden zumeist als Abo-Verträge gestaltet, die erstmal weniger einbringen als frühere Softwareverkäufe, dafür aber länger laufen und Geld einspielen sollen. Auch im Datenbankgeschäft setzen die Kunden laut Brahmawar zunehmend auf Abo-Verträge.

"Der Gegenwind bei der Marge ist temporär. Unter anderem werden die Kosten für die Cloud-Infrastruktur im Zuge der Skalierung sinken", sagte Brahmawar. Die Kosten für die Technik sollen sich bei mehr Kunden entsprechend besser auf diese verteilen. "Im kommenden Jahr wird sich der wiederkehrende Umsatz aus den Cloudverträgen auch erholen." Zudem soll der Zukauf Streamsets aus dem vergangenen Jahr ab dem dritten Jahr der Zugehörigkeit ebenfalls die Marge heben.

Das Management steuert angesichts der Belastungen mit einem Sparprogramm gegen, das rund 30 bis 35 Millionen Euro Ergebnisbeitrag liefern soll. Von dem Stellenabbau werden mit 200 Beschäftigten rund vier Prozent der Vollzeitstellen betroffen sein. Das wirtschaftliche Umfeld sei schwierig, sagte Brahmawar. In jüngster Zeit hatten viele Technologiekonzerne Jobs gestrichen, um die Kosten zu senken, darunter auch Softwareunternehmen wie SAP .

Im vierten Quartal machten die Darmstädter beim Wachstum Boden gut. Der Umsatz kletterte insgesamt um unerwartet kräftige 30 Prozent auf 303,8 Millionen Euro. Die Streamsets-Übernahme herausgerechnet stand beim Produktumsatz auf Jahressicht währungsbereinigt ein Plus von 7 Prozent, was das zuletzt gültige untere Ende der Prognosebandbreite war.

"Kunden stornieren ihre Aufträge zwar nicht, brauchen aber mehr Zeit für Kaufentscheidungen und sehen auch genauer hin", sagte Brahmawar. "Das vierte Quartal ist ein Beleg dafür, dass die Nachfrage da ist."

Treiber der günstigen Entwicklung zum Jahresschluss war allerdings einmal mehr nicht zuvorderst die erklärte Wachstumssparte Digital Business, sondern das Datenbankgeschäft Adabas & Natural. Dieses legte auch bei den Buchungen von Software überdurchschnittlich stark zu. "Wir haben sehr treue Kunden im Datenbankgeschäft, die auch mehr und mehr Innovationen nachfragen und die wir mittlerweile auch besser mit unseren Produkten an andere Bereiche anbinden können", sagte der Vorstandschef.

Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen stieg im vierten Quartal um 29 Prozent auf 58,3 Millionen Euro und blieb damit hinter den Erwartungen am Markt zurück - insbesondere beim Blick auf die Profitabilität. Die entsprechende Marge sank gegenüber dem Vorjahreszeitraum leicht um 0,1 Prozentpunkte auf 19,2 Prozent - Analysten hatten im Schnitt mit einem Wert über 21 Prozent gerechnet. Belastend wirkte der Streamsets-Zukauf.

Beim Nettoergebnis verbuchten die Darmstädter einen bereinigten Verlust von 14,3 Millionen Euro im Quartal, ein Jahr zuvor hatte das Unternehmen noch 34,8 Millionen Euro verdient. Auf Jahressicht brach der bereinigte Nettogewinn um mehr als die Hälfte auf 48,9 Millionen Euro ein. Im Jahr 2022 wurden für das Programm zum vorzeitigen Ruhestand 6,2 Millionen Euro zurückgestellt. Für 2023 sind nun Umbaukosten von 25 Millionen Euro für das Sparprogramm eingeplant.

Brahmawar will den Vertrieb stärker auf die zuletzt gut laufenden Produkte ausrichten. So sollen Integrationsprogramme wie Webmethods und Streamsets noch stärker als Cloudversionen verkauft werden. Zudem will der Manager zusätzliche Ressourcen in die Gebiete zur Integration von Cloud-Daten und zur Anwendungsintegration lenken. Der Vertrieb soll beginnend mit dem grossen Markt Nordamerika spezialisierter arbeiten, um schlagkräftiger zu werden.

Im Digital Business mit den Integrationsprogrammen sieht die Prognose des Vorstands ein währungsbereinigtes Wachstum des jährlich wiederkehrenden Umsatzes um 10 bis 15 Prozent vor. Damit sind Umsätze gemeint, die aus Abonnements oder laufenden Wartungsverträgen stammen.

Bei der angestammten Datenbanksparte Adabas & Natural geht das Unternehmen mehr oder weniger von einer Stagnation aus, hier dürften sich die jährlich wiederkehrenden Erlöse in einer Bandbreite zwischen minus und plus zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr einpendeln. Insgesamt soll der Produktumsatz währungsbereinigt zwischen 6 und 10 Prozent wachsen./men/ngu/mis