- von Tom Käckenhoff und Markus Wacket und Christoph Steitz

Die IG Metall sieht die Stahlsparte von Thyssenkrupp in einer existenzgefährdenden Krise und hat den Staat zum Eingreifen aufgefordert.

"Thyssenkrupp Steel kann es alleine nicht schaffen" sagte IG Metall-Hauptkassierer Jürgen Kerner am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Essen. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet sei jetzt gefordert. Auch eine Bundesbeteiligung sei möglich. Bei anderen Unternehmen sei aber auch das Land beteiligt, fügte Kerner hinzu, der auch stellvertretender Aufsichtsratschef des Ruhrkonzerns ist. Die Bundesregierung reagierte kühl. "Ich glaube nicht, dass Verstaatlichung im Augenblick die richtige Antwort ist", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier.

Die Stahlsparte sei vor der Coronakrise auf einem guten Weg gewesen, betonte Kerner. Die Einbußen durch die Krise hätten jedoch einen Strich durch die Rechnung gemacht. Es gebe einen massiven Liquiditätsabfluss. Der Staat müsse die Liquidität sichern. Was die Größenordnung der Beteiligung und die genaue Ausgestaltung betrifft, sei die IG Metall offen. Es müsse zunächst mal eine Grundsatzentscheidung der Politik geben, dass man dem Unternehmen helfen wolle. Viel Zeit bliebe dafür nicht. "Das Land NRW muss einen Schutzschirm über die 27.000 Beschäftigten ziehen", betonte Stahlbetriebsratschef Tekin Nasikkol. Am 16. Oktober wollen die Stahlkocher auf einer Demonstration auf den Düsseldorfer Rheinwiesen Druck machen.

LASCHET SIEHT KEINEN GRUND ZUM EINSTIEG

Die Stahlsparte von Thyssenkrupp ist von der Corona-Krise schwer getroffen worden. Hinzu kommen Überkapazitäten der Branche in Europa, die zunehmende Konkurrenz von Billigherstellern aus Fernost, aber auch hausgemachte Probleme. In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres hatte Thyssenkrupp Steel Europe einen operativen Verlust von rund 700 Millionen Europe eingefahren.

NRW-Ministerpräsident Laschet hatte am Vormittag erklärt, er sehe derzeit keinen Grund für einen Staatseinstieg bei Thyssenkrupp. Es gehe vor allem darum, dem Konzern beim Umstieg auf eine Wasserstoff-getriebene Stahlproduktion zu helfen. Damit wolle man das Unternehmen in seiner "Substanz" unterstützen. "Deshalb stehen staatliche Beteiligungen derzeit nicht auf der Tagesordnung", sagte Laschet. Bundeswirtschaftsminister Altmaier sagte, die bekannten Probleme der Stahlbranche könnten so nicht gelöst werden. Stattdessen brauche man Wettbewerbsmodelle für die Zukunft. Alle Unternehmen seien bereit, den Weg hin zu klimafreundlicher Stahlproduktion zu gehen. "Wir sind auch bereit, diesen Weg finanziell zu unterstützen."

Thyssenkrupp will sich weiter mehrere Optionen offen halten.

"Um der spezifischen Marktsituation beim Stahl gerecht zu werden und den Auswirkungen von Corona zu begegnen, arbeiten wir derzeit an Anpassungen in der Umsetzung der Stahlstrategie 20-30", sagte ein Sprecher. Dazu gehörten auch weitergehende Kostensenkungen. Oberstes Ziel bleibe es, das Stahlgeschäft zukunftsfähig zu machen. Für eine nachhaltige Zukunftsfähigkeit beim Stahl und die Transformation hin zu klimaneutraler Produktion brauche es aber auch entsprechende politische Rahmenbedingungen und staatliche Unterstützung - im Zusammenspiel mit einem industriellen Konzept. Deshalb sind wir unverändert in Gesprächen mit industriellen Partnern.