Zürich/Renens (awp) - Die Mobilfunkanbieter Sunrise und Salt üben harte Kritik am 5G-Entscheid des Bundesrates. Obwohl der Bund auf eine rasche Einführung der fünften Mobilfunktechnologie gedrängt habe, nehme er jetzt einen Rückstand der Schweiz in Kauf, erklärte Sunrise in einem Communiqué.

Der Bund selber habe ursprünglich aufs Gas gedrückt und die Auktion der Mobilfunkfrequenzen Anfangs 2019 durchgeführt trotz des Widerstands von Sunrise und Salt. Die Schweiz habe dann als erstes Land Europas 5G im April 2019 eingeführt. "Und jetzt tritt die Regierung auf die Bremse", sagte Sunrise-Sprecher Rolf Ziebold am Mittwoch auf Anfrage.

Es sei schon seit Jahren bekannt, dass mit der heutigen Strahlenschutzregulierung (NISV) die Emissionen der adaptiven Handyantennen überschätzt würden, sagte Ziebold. Diese strahlen nicht einfach ringsherum wie die bisherigen Mobilfunkantennen, sondern richten ihre Signale gezielt auf den Handynutzer aus. Dafür strahlen sie andernorts weniger, wo kein Nutzer in ihrem Bereich ist.

"Um Transparenz zu schaffen, wie stark die Bevölkerung durch adaptive Antennen tatsächlich belastet wird, sind zunächst Testmessungen notwendig", hat der Bundesrat am Mittwoch entschieden: "Gestützt auf die Ergebnisse der Testmessungen wird das Uvek die Vollzugshilfe erarbeiten. Bis diese vorliegt, sind adaptive Antennen wie konventionelle Antennen zu beurteilen. Damit ist der Schutz der Bevölkerung jederzeit gewährleistet."

Bund hätte schon viel früher testen können

Das stösst Sunrise und Salt sauer auf. "Es ist mir ein Rätsel, warum die zuständigen Behörden nicht bereits im Januar 2019 solche Testmessungen gemacht haben", sagte Salt-Chef Pascal Grieder. "Die Problematik war damals schon bekannt." Mit dem heutigen Entscheid könne man die Vorteile der adaptiven 5G-Antennen nicht nutzen, weil die Behörden nach bisheriger Methode man davon ausgehen würden, dass die Antennen ständig voll strahlen würden, sagte der Salt-Chef.

"Mit der jetzigen Regelung kann man 5G nicht so ausbauen, dass die volle Leistung zur Verfügung stehen würde", sagte Sunrise-Sprecher Ziebold. Es brauche wenigstens eine rasche und pragmatisch Lösung für adaptive Antennen, um Blockaden von 5G aufzuheben. "Auch heute zeigt der Bundesrat nicht auf, bis wann diese Vollzugshilfsmittel vorliegen werden, was 5G in der Schweiz weiter verzögert."

Dabei habe sich der Bundesrat für seinen heutigen Entscheid bereits fünf Monate Zeit gelassen, sagte Salt-Chef Grieder. Der Bericht der Arbeitsgruppe "Mobilfunk und Strahlung", auf den sich die Regierung abstütze, liege seit November 2019 vor.

Nochmals ein Bericht

Und jetzt plant der Bundesrat nochmals einen neuen Bericht über die Möglichkeiten zur nachhaltigen Ausgestaltung der Mobilfunknetze, den das Uvek bis Ende 2021 vorlegen soll. "Dieser Bericht soll eine bessere Entscheidungsgrundlage auch für zukünftige Mobilfunktechnologien liefern", entschied die Regierung als Antwort auf das Postulat von Ständerätin Brigitte Häberli-Koller (CVP/TG).

Damit werde jede weitere Diskussion abgeblockt mit dem Hinweis, dass man auf den neuen Bericht warte, kritisierte Salt-Chef Grieder. Das sei schon letztes Jahr beim der Arbeitsgruppe "Mobilfunk und Strahlung" so gewesen. "Die Wahrscheinlichkeit, dass 5G vor Ende 2022 vorwärtskommt ist unwahrscheinlich."

jb/mk