TOKIO (dpa-AFX) - Keine Fanmeile, kein Jubel in den Arenen, kein Alkohol

- nicht mal in den Bars oder Restaurants: Die große olympische Party

wird man in Tokio vergeblich suchen. Das um ein Jahr verschobene Olympia 2020 findet coronabedingt unter Notstandsbedingungen statt. Zu dieser Entscheidung sah sich Japans Ministerpräsident Yoshihide Suga am Donnerstag - kurz nach der Ankunft von IOC-Chef Thomas Bach in Tokio - gezwungen. Denn die Corona-Infektionen in der Hauptstadt ziehen zwei Wochen vor Beginn des geplanten Spektakels wieder deutlich an - wovor Gesundheitsexperten auch seiner Regierung immer wieder gewarnt haben.

Den Willen zur Austragung der Spiele aber bekräftigte Bach auch nach seiner Ankunft erneut. "Ich fühle mich wie ein Athlet im Warteraum, bereit für die Action", sagte der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees. Man werde alle Maßnahmen der Japaner unterstützen - zur Not eben auch den Ausschluss aller Zuschauer.

"Wir müssen stärkere Schritte unternehmen, um einen weiteren landesweiten Ausbruch zu verhindern, auch unter Berücksichtigung der Auswirkungen von Coronavirus-Varianten", begründete Suga seine Entscheidung, zum vierten Mal über Tokio den Notstand zu verhängen. Es handele sich um eine reine "Vorsichtsmaßnahme". Er hoffe auf "historische" Olympische Spiele, sagte Suga.

Mit dem ab kommenden Montag bis vorläufig zum 22. August geltenden Corona-Notstand soll vor allem verhindert werden, dass Restaurants und Bars Alkohol ausschenken. Auf diese Weise versucht man, eine Ausbreitung des Virus in den Griff zu bekommen. Die Bürger sollen möglichst daheim bleiben.

Eigentlich hatte der wegen des äußerst langsam angelaufenen Impfprozesses und seines Festhaltens an den Spielen kritisierte Suga nur eine Verlängerung des bis Sonntag angesetzten Quasi-Notstands mit weniger strengen Maßnahmen geplant. Nur für die Präfekturen Hokkaido, Aichi, Kyoto, Hyogo und Fukuoka endet der Quasi-Notstand wie geplant. Man hoffe, mit dem erneuten Notstand für die Hauptstadt Tokio die Bürger davon abzuhalten, während der bevorstehenden Sommerferien und der Feiertage im Zuge des Ahnenfestes O-Bon umherzureisen, bis der Impfprozess weiter vorangeschritten sei, wurde der für die Corona-Maßnahmen zuständige Minister Yasutoshi Nishimura zitiert.

Sollten Japans Olympia-Macher, die Regierung und das IOC wie erwartet auch einheimische Zuschauer bei Olympia ausschließen, könnten sich die Bürger des Landes die Spiele ohnehin nur zu Hause am Fernseher anschauen. Den Fans im Ausland ist die Einreise bereits untersagt. Und auch Public Viewings wird es in Tokio nicht geben. Damit drohen die Spiele, die vom 23. Juli bis 8. August stattfinden sollen, zu einem sterilen Fernseh-Schauspiel zu werden. Viele Menschen in Japan befürchten, dass Olympia zu einem Superspreader-Event werden könnte.

In Umfragen hatte sich immer wieder eine Mehrheit für eine erneute Verschiebung oder Absage ausgesprochen. Japans Olympia-Macher und das IOC betonten jedoch bisher immer, dass alles "sicher" ablaufen werde

- allerdings möglicherweise ohne Zuschauer. Die Organisatoren setzten

am Donnerstag kurzfristige Beratungen mit der Regierung, der Stadtverwaltung, dem IOC und dem Paralympischen Komitee an.

Auch Bach nahm daran teil. Er fuhr nach seiner Ankunft vom Flughafen Haneda zum Olympia-Hauptsitz des IOC, einem Fünf-Sterne-Hotel in der Innenstadt. Drei Tage soll er dort in Quarantäne bleiben. Vor Bach waren schon hunderte Athletinnen und Athleten in Japan angekommen. "Sie sind alle froh, dass die Spiele auf sichere Art und Weise stattfinden können", sagte Bach.

Am Tag von Bachs Ankunft meldete die Stadtverwaltung von Tokio 896 neue Infektionsfälle. Damit lag die Zahl der Neuinfektionen seit nunmehr 19 Tagen jeweils über dem Wert des gleichen Tages der Vorwoche. Eine Absage der Spiele scheint jedoch weder Japans Olympia-Machern noch dem IOC in den Sinn zu kommen./ln/DP/ngu