MÜNCHEN (dpa-AFX) - Nach dem Milliardenschaden durch die Corona-Pandemie ist der Rückversicherer Munich Re bei weiteren Katastrophen im Sommer vergleichsweise glimpflich davon gekommen. Die Zerstörungen durch die jüngsten Wirbelstürme und die verheerende Explosion in Libanons Hauptstadt Beirut kosten den Konzern voraussichtlich jeweils mindestens 100 Millionen Euro. Vorstandsmitglied Torsten Jeworrek erwartet, dass der Rückversicherer bei der Vertragserneuerung mit Erstversicherern wie Allianz> und Axa im nächsten und übernächsten Jahr weiter an der Preisschraube drehen kann.

Als Gründe nannte der Manager gestiegene Belastungen durch Naturkatastrophen und von Menschen angerichtete Großschäden. Zudem gebe es nach mehreren Jahren des Preisverfalls einen Aufholprozess. Insgesamt dürften die Prämieneinnahmen der Branche im Schaden- und Unfallgeschäft laut Jeworrek in den Jahren 2020 bis 2022 im Schnitt um jeweils 2 bis 4 Prozent steigen.

Allerdings hält der Manager in manchen Branchen und Segmenten kurz- bis mittelfristig auch einen geringeren Versicherungsbedarf für denkbar. So müssten die von der Corona-Krise schwer getroffenen Fluggesellschaften wegen des Einbruchs im Flugverkehr weniger Maschinen versichern. Versicherer hätten die Prämien der Airlines dem tatsächlichen Risiko angepasst.

Andererseits rechnet die Munich Re in den kommenden Jahre mit einer stark wachsenden Nachfrage nach Cyberversicherungen gegen Softwareangriffe. Seit Beginn der Corona-Krise und dem folgenden Digitalisierungsschub hätten solche Angriffe stark zugenommen.

Normalerweise treffen sich die Rückversicherer jährlich im September in Monte Carlo, um dort mit Kunden und Maklern die Konditionen für die Vertragserneuerung zum folgenden Jahreswechsel auszuloten. Wegen der Corona-Pandemie finden die Gespräche diesmal weitgehend in Videokonferenzen statt. Auch andere Rückversicherer wie Swiss Re und Hannover Rück informieren in dieser und der nächsten Woche per Videoschalte über ihre Geschäfte.

Im Zentrum steht diesmal die Corona-Krise, die auch bei Erst- und Rückversicherern ihre Spuren hinterlässt. Bereits im ersten Halbjahr verbuchte die Munich Re infolge der Pandemie Schäden von rund 1,5 Milliarden Euro. Vor allem der Ausfall von Großveranstaltungen schlug bei den Münchnern zu Buche. Der Nettogewinn brach um mehr als die Hälfte auf 800 Millionen Euro ein.

Seit der Jahresmitte musste die Munich Re infolge der Pandemie weitere Schäden verbuchen. Diese seien zwar geringer als in den beiden Quartalen zuvor, sagte Jeworrek. Für genaue Zahlen sei es aber noch zu früh. Unterdessen dürfte die Explosion in Beirut Anfang August bei dem Rückversicherer mit einem niedrigen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag zu Buche schlagen. Eine ähnliche Belastung erwartet das Management infolge der jüngsten Hurrikane "Hanna", "Isaias" und "Laura" im Juli und August.

Allerdings ist die Prognose der Sturmschäden Jeworrek zufolge noch recht unsicher. So liegen auch die Schätzungen der auf Risikoanalysen spezialisierten Versicherungsdienstleister AIR Worldwide, Corelogic und RMS weit auseinander. Allein die von "Laura" verursachten, Wind- und Sturmschäden an Land könnten die Versicherungsbranche je nach Schätzung 4 bis 12 Milliarden US-Dollar (3,4 bis 10,1 Mrd Euro) kosten.

Unterdessen erneuerte die Munich-Re-Führung ihre Forderung nach einem staatlichen Risikopool für Risiken durch künftige Pandemien. Die Versicherungsbranche könne Schäden, wie sie etwa durch die landesweite oder gar weltweite Schließung von Betrieben entstünden, nicht allein tragen, erläuterte Munich-Re-Manager Stefan Golling. Dazu reiche das Prämienaufkommen schlicht nicht aus.

Die Munich Re beruft sich dabei auf den Verband der US-amerikanischen Schaden- und Unfallversicherer (APCIA). Dessen Schätzungen zufolge wäre das Risikokapital der Versicherer in den USA binnen weniger Wochen aufgezehrt worden, wenn die infolge des Coronavirus entstandenen Schäden durch Betriebsunterbrechung versichert gewesen wären.

An einem staatlich gestützten Risikopool könnten sich Versicherer nach Vorstellung der Munich Re hingegen mit begrenzter Kapazität beteiligen. Zudem könnten sie bei der Bewertung der Risiken helfen sowie den Vertrieb und die Regulierung der Schäden organisieren.

Unterdessen zeigte sich Vorstandsmitglied Jeworrek davon überzeugt, dass das seit 1957 etablierte Branchentreffen nach Bewältigung der Pandemie wieder wie gewohnt im Fürstentum Monaco an der Côte d'Azur stattfindet. Persönliche Treffen seien in dem Geschäft wichtig, da es auf Kontakten und Vertrauen basiere. Dies lasse sich durch Online-Konferenzen nicht auf Dauer ersetzen, sagte er./stw/jha/